vorwärts.de: Herr Lebeck, am Sonntag zeigt "Arte" den Film "Robert Lebeck-Mein Leben". War es schwer, Sie zu den Dreharbeiten zu überreden?
Robert Lebeck:
Nein. Die Dreharbeiten haben viel Spaß gemacht. Der Film hat mir auch sehr gefallen, ich habe viel gelacht.
Ihr Lachen hat Sie auch ein lebenlang begleitet, während Ihrer Karriere als Fotoreporter.
Wissen Sie, in meiner Kindheit gab es nicht viel zu lachen. Meine Mutter hatte die Familie verlassen, ich wuchs alleine bei meinem kranken Vater auf, der 1943 starb, mitten im 2. Weltkrieg.
Mein Vater war mir aber ein Vorbild, denn trotz seines schlimmen Schicksals gab er sein Lachen niemals auf. Danach zog ich an die Front. Ich war der Einzige aus meiner Klasse, der überlebte. Es
war wie ein Wunder. Diese Kriegserfahrungen haben mein Leben geprägt, auch meinen Blick auf die Welt. Das Lachen hat dabei geholfen.
Ist Ihnen jemals das Lachen vergangen, zum Beispiel als sie 1979 im Flugzeug neben Khomeini saßen, auf dem berühmten Flug von Paris nach Teheran?
Nein, während des Fluges wirkte Khomeini sehr entspannt und ließ sich anscheinend gerne fotografieren. Doch im Gegensatz dazu war die Atmosphäre an Bord sehr angespannt, denn niemand wußte,
was uns in Teheran erwarten würde. Zu diesem Zeitpunkt kämpften ja noch Sha-treue Elemente gegen die Rückkehr Khomeinis.
Allerdings machten Sie wenig später in den Straßen von Teheran ein berühmtes Foto des Revolutionsführers, wie ihm der Turban vom Kopf fiel.
Ja, das war schon ein beklemmender Augenblick. Als Khomeinis Helikopter am Himmel über dem Friedhof auftauchte, wurden seine Anhänger hysterisch. Als der Hubschrauber endlich landen konnte,
stieg er aus. Die Menschen drängten auf ihn zu, wollten ihn berühren, seine Leibwächter konnten ihn nicht mehr schützen, Khomeini ging zu Boden. Für einen Augenblick war er aus dem Blickfeld
verschwunden. Als er wieder auftauchte, war ihm sein schwarzer Turban verloren gegangen, sein kahler Schädel war zu sehen. In diesem Moment drückte ich auf den Auslöser meiner Kamera. Mir war
natürlich klar, dass man dieses Foto als eine Art Gotteslästerung interpretieren konnte, aber es ging dann ja alles gut. Man muß bereit sein als Fotograf Regeln zu brechen.
Galt das auch für Ihre Begegnung mit Romy Schneider, haben Sie da auch Regeln gebrochen?
Ach die Romy. Ich traf sie 1976 bei den Dreharbeiten zu "Gruppenbild mit Dame". Sie schnappte sich meine Mütze, nannte mich Lebo, und schaute mich dabei mit diesem Blick an, den man nicht
beschreiben kann, diesem Gesichtsausdruck, den nur Romy Schneider drauf hatte.
Sie flirtete mit Ihnen?
Kann man so sagen, ja.
Ist es Ihenen nicht wichtig gewesen, so etwas wie professionelle Distanz zu halten?
Das wäre bei Romy Schneider so nicht möglich gewesen. Wir mochten uns von Anfang an. Das letzte Foto, was ich von ihr gemacht habe: Ich war schon im Auto, Sie stand noch am Tor. Das war das
letzte Mal, dass ich sie sah. Von ihrem Tod erfuhr ich dann später aus dem Fernsehen.
Vermissen Sie Romy Schneider knapp 30 Jahre nach Ihrem Tod?
Ja.Wenn ich meine Fotos von Romy anschaue, dann bin ich schon etwas traurig. Es wäre schön, wenn ich Sie heute noch besuchen könnte, wenn ihr Leben eine andere Wendung genommen hätte.
Erstaunlich, das Ihr Tod schon so lange zurückliegt.
Ihr Freund, der Filmemacher und Autor Georg Stefan Troller sagte einmal, um erfolgreich zu sein, muss man auch ein wenig rücksichtslos sein. Stimmen Sie dem zu?
Zum Teil. Allerdings habe ich niemals Menschen absichtlich negativ fotografiert. Mein Ziel war es, unseren Blick auf Menschen der Zeitgeschichte zu mildern, beziehungsweise das Menschliche
in den Vordergrund zu stellen. Das ist mir glaube ich gelungen.
Im Film erlebt man Sie als Mensch, der mit sich im Reinen scheint, ein Mensch, der ein interessantes Leben gelebt hat. Ist dieser Eindruck richtig?
Ja. Ich hatte unverschämtes Glück, von den düsteren Erfahrungen in der Kriegszeit einmal abgesehen. Ich erlebte eine Zeit des Wohlstandes im Nachkriegsdeutschland, beruflich die Blütezeit
der Reportage, der "Stern" schickte seine Fotografen damals in alle Winkel der Erde, an wunderbare und verfluchte Orte. Ja, mein Leben war glücklich.
Sie sind jetzt 82 Jahre alt. Betrachten Sie sich auch als Chronist einer Epoche?
Ja, meinen Kollegen und mir gelang es vielleicht, die Vorstellungen der Menschen von den großen und kleinen Dingen draußen in der Welt, vom Leben der Prominenten, von fremden Ländern und
Völkern, zu illustrieren.
Vielen Dank Robert Lebeck.
Der Film "Robert Lececk - Mein Leben" läuft am
20. November 2011 von 16:30 - 17:15 Uhr | Sender: ARTE