Jahrelang hat Misha Glenny weltweit in der kriminellen Unterwelt recherchiert. Er sprach mit vielen Experten und Beteiligten, durchleuchtete die wirtschaftlichen, sozialen und politischen
Zusammenhänge der Organisierten Kriminalität bis ins Kleinste. Sein Fazit ist erschreckend: Bis zu 20 Prozent des globalen Bruttosozialprodukts stammen aus kriminellen Aktivitäten. Die Mafia hat
vor allem nach dem Zusammenbruchs des Ostblocks einen Aufschwung erlebt.
Egal ob russische Mafia, kolumbianischen Drogenbarone oder chinesische Menschenschmuggler, die Ausgangsbasis für diese Verbrechen ist fast immer gleich: die Armut der Entwicklungsländer,
das Profitdenken von Drogen- und Waffenhändlern und der Überfluss der westlichen Industrienationen.
Neue Märkte im Osten
Bis Anfang der neunziger Jahre war die Welt der Mafia relativ überschaubar: Italien, Amerika und Kolumbien. Die polizeilichen Ermittlungen gingen leichter von der Hand und die Handelswege
der Unterwelt waren bekannt. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion und dem Ende des Kalten Krieges öffneten sich neue Märkte, die nur erobert werden mussten: Russland, Kasachstan und China.
Völlig neue und immer undurchsichtigere Strukturen entwickelten sich. Mittlerweile existiert ein geradezu chaotisches Geflecht neuer Routen und Beschaffungsmöglichkeiten, auf denen Waffen,
Frauen, Drogen, Diamanten, Zigaretten und vieles andere verschoben wird. Weitere gewinnbringende Einnahmequellen sind Schutzgelderpressung, Korruption und seit einigen Jahren die so genannte
Cyberkriminalität.
Die Welt der Mafia
Der Titel "McMafia" suggeriert, dass es eine eigene Welt der Mafia gibt und diese von einem großen Clan bestimmt wird. Aber so ist es nicht. Glenny untersucht in seinem Buch die in große
und kleine Gruppen zersplitterte Organisierte Kriminalität. Nicht selten bekriegen sich die verschiedenen Banden untereinander nach altem Muster - blutig, brutal und gewissenlos. Gründe dafür
gibt es viele: Rivalitäten, Rache oder Überschneidung der Märkte.
Eine Besonderheit in den ehemaligen Ostblockstaaten ist die Verbindung der Mafia zu staatlichen Institutionen. Begünstigt wird dies dadurch, dass vor allem ehemalige Geheimdienstmitarbeiter
allzu gern auf die Seite der Unterwelt gewechselt sind.
Autor Misha Glenny liefert ein gewissenhaft recherchiertes Sachbuch über Zusammenhänge und Entwicklung des Organisierten Verbrechens. Er deckt dessen Mechanismen und das reibungslose
Funktionieren auf. Sichtbar wird, dass selbst Staaten wie Kanada, Japan oder Israel bis in höchste Kreise in die Machenschaften verstrickt sind.
Unzähligen Details und Namen in diesem über 500 Seiten starken Wälzer erschweren mitunter das Lesen. Schade, beschreibt der Autor doch ein sehr wichtiges und spannendes Kapitel der
Globalisierung.
Misha Glenny: McMafia, Die grenzenlose Welt des Organisierten Verbrechens, DVA 2008, 528 Seiten, 24,95 Euro, ISBN-13: 978-3421058638
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