Kultur

"Man weiß vorher nie, was passieren wird"

von Martin Schmidtner · 11. Mai 2011
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Vorwaerts.de: Herr Schreiber, wir haben Sie bisher als Programmkoordinator für Unterhaltung der ARD kennen gelernt. Wie nennt sich Ihr jetziger Auftrag eigentlich?

Thomas Schreiber: Das bin ich natürlich weiterhin, aber Herr Marmor (Intendant des NDR) hat letztes Jahr am Montag nach dem Sieg in Oslo zu mir gesagt, ich wäre jetzt der ARD-Teamchef für den ESC.

Wir sind in Deutschland für den Hang zur Selbstzerfleischung bekannt - an den eigenen Engagements wird oft am meisten herumgenörgelt

Das haben Sie jetzt gesagt.

War es da eine besondere Herausforderung, sich auf den Schleudersitz des Teamchefs zu begeben?

Das gehört doch dazu! Natürlich ist es eine besondere Herausforderung, denn keiner von uns hat bislang eine Produktion dieser Größenordnung in dieser Kürze der Zeit gemacht. Für jede Olympiade oder Fußball-WM haben Sie normalerweise eine Vorbereitungszeit von 2 bis 2 ½ Jahren, was den technischen Kern angeht.
Uns war von Anfang an bekannt: Sobald wir beim ESC antreten - das ist ja der Spaß an der Sache - gehen wir das Risiko ein, im Falle eines Sieges den Song Contest ausrichten zu müssen, ohne genau zu wissen, was dies im Einzelnen bedeutet. Das lernt man erst hinterher kennen.
Ich bin einmal nach dem Sieg von Oslo mit meinem Kernteam am 10. Juni vergangenen Jahres noch mal nach Oslo geflogen. Wir haben uns mit den norwegischen Kollegen getroffen und vier Fragen gestellt:
- Was hat es insgesamt gekostet? Was hat es Euch als Fernsehsender gekostet?
- Wie habt Ihr es bezahlt?
- Welche Fehler habt Ihr gemacht, die wir nicht noch mal machen müssen?
- Wie habt Ihr Euch organisiert?
Das Treffen war sehr effektiv, weil die uns das alles beantwortet haben. Noch während des Meetings habe ich den damaligen norwegischen Teamchef Jon Ola Sand gefragt: Sag mal, könntest Du uns beraten?Doch dann wurde er zum EBU Executive Supervisor ernannt, also zum Chef des ESC ... Aber in welcher Funktion wir jetzt zusammenarbeiten ist egal, weil die Zusammenarbeit einfach stimmt.

Und ist es ein Schleudersitz, den der Teamchef einnimmt?

Zu ihrem Bild des Schleudersitzes antworte ich mit einem eigenen Bild: Sie kennen den Zauber dieser Veranstaltung. Unterschiedlichste Menschen treffen aufeinander und man weiß vorher nie, was passieren wird. Mein eigenes Bild dafür ist eine Wohnküche irgendwo auf einem Bauernhof auf Island, dazu ein Familienhaus in Porto und eines auf Zypern, ein anderes in Murmansk oder in einem Dorf in Polen. Da sitzen sehr unterschiedliche Menschen vor dem Fernseher.
Also kann man nur versuchen, das, was man tut, so gut wie möglich umzusetzen.

Entscheidend dabei ist die Zusammenstellung des Teams.
Was Sie hier im Pressezentrum sehen, was Sie drüben in der Arena sehen, was Sie in der Stadt sehen ist ja ein Gesamtbild, das ich mir gerne als Mosaik vorstelle: jeder Mosaikstein steht für eine Aufgabe, die jemand erledigt. Wenn ein Stein aus dem Mosaik bricht, bleibt das Gesamtbild immer noch bestehen - aber man sieht dann natürlich, dass ein Steinchen fehlt und es sieht nicht mehr so gut aus.
Fernsehen und so eine Großveranstaltung funktionieren nur als Gemeinschaftsleistung eines Teams, in dem jeder Einzelne kompetent eigenverantwortlich handelt. Darum finde ich den Begriff Teamchef auch gar nicht verkehrt. Du musst die richtigen Leute zusammenbekommen und jeder von uns tut seinen Teil und wenn das alles gut funktioniert, dann passen alle Steinchen gut zusammen, dann stimmen die Farben, dann ist es ein harmonisches Bild.


Wen haben Sie sich ins Team geholt?

Beim Regisseur war mir wichtig, dass er zeitgenössische Popmusik sehr gut im Fernsehen umzusetzen kann. Wir haben Ladislaus Kiraly, der aus Ungarn stammt und in Deutschland lebt. Er war verantwortlich für Unser Star für Oslo und Schlag den Raab - er setzt Musicacts einfach gut um.
Ausstatter und Designer der Bühne ist Florian Wieder, mit dem ich schon lange zusammenarbeite, der als Bühnenbildner Büros in Los Angeles und München hat und der ästhetisch einfach überzeugt, wie Sie auch hier sehen können.
Für das Lichtdesign ist der Hamburger Jerry Appelt zuständig, der weltweite Erfahrung zum Beispiel aus den Commonwealth-Games aufweisen kann und der auch Unser Star für Oslo gemacht hat. Überlegen Sie mal, wie viele verschiedene Lieder dort inszeniert wurden - es waren wohl um die 60 - und jedes war mit ganz bescheidenen Mitteln unterschiedlich inszeniert. Das fand ich sensationell!
Den Media-Content, also alles, was Sie auf den LED-Wänden sehen werden, gestaltet Falk Rosenthal.
Head of Sound ist Ulrich Fricke vom NDR, der zum Beispiel die erfolgreiche DVD eines Udo-Lindenberg-Konzerts während der letzten Tournee eingespielt hat.
Und unser technischer Leiter ist Dieter Thissen, der für das ganze Konzept verantwortlich ist. Er bereitet Olympiaden und Fußßballweltmeisterschaften vor und macht nächstes Jahr auch Olympia 2012 in London.
Diese verschiedenen Menschen aus unterschiedlichen Bereichen - sowohl aus dem NDR als auch von außerhalb - bilden ein Team. Dieser Gedanke des eigenverantwortlichen Handelns und Ineinandergreifens verschiedener Menschen ist mir sehr wichtig.

Die ersten Reaktionen auf die Arena hier waren durchweg großartig!

Das war eine Herausforderung. Oslo hatte 17880 Plätze - im bevölkerungsreichsten Land Europas, noch dazu in dessen Mitte, kleiner zu werden wäre schwierig gewesen.
Die Arena hier ist nun signifikant größer. Das heißt aber auch, dass wir einen Weg finden mussten, mit den Dimensionen der Arena umzugehen.
Ich bin ja auch in Moskau gewesen, wo es auch eine riesige Halle war. Uns hilft, dass diese hier steiler ist, aber vor allem wollten die russischen Kollegen in den großen Dimensionen ihrer Arena mit der Bühne nicht untergehen und nicht zu winzig wirken. Deshalb versuchten sie, groß zu wirken. Das sah eindrucksvoll aus.. Ein Viertel aller damals weltweit verfügbaren LED-Wände war dort in der Moskauer Halle verbaut worden, aber für mich war es ein Schlüsselmoment, als ich den Auftritt von Patricia Kaas gesehen und mir gedacht habe: unter Regiegesichtspunkten machen die Franzosen es schon ganz richtig. Sie haben diese große Bühne und stellen nur einen einzelnen Menschen da hin, wodurch sich die Kamera einfach auf Patricia Kaas konzentrieren musste. Aber die Bühne hatte aufgrund ihrer Dimensionen ihre unterstützende Wirkung verloren. Eine Bühne kann immer nur eine dienende Funktion haben; sie ist nicht wichtiger als der Mensch auf ihr.

Die 13 Meter Durchmesser der Bühne hier in Düsseldorf sind da deutlich kleiner…

Sie sind aber auch nicht winzig. Aber denken Sie an den Finnen oder den Franzosen. Für Amaury Vassili haben wir einen wirklich sensationellen Video-Content: Sie werden einen Himmel im Michelangelo-Stil sehen, aus dem beim Sonnenaufgang die Sonne regelrecht in die Arena hineinscheint bis hin zu einer Nacht mit Gewitter und allem Drum und Dran. Und den Finnen hat man ja schon in den Proben gesehen. Da stimmen die Dimensionen einfach: er singt über die Erde und dass man die schützen soll und steht inmitten der Bühne wie ein kleiner Junge mit Gitarre und dahinter der Hintergrund - das passt einfach! Das finde ich supertoll und da ist die Technik dienend. Das muss ihre Funktion sein. Es geht nicht darum, einen Gigantomanismus zu zelebrieren - nach dem Motto: ich habe die größte Bühne der Welt geboten - das ist nicht zielführend und hilft nicht der Show.


Bühnenbild des finnischen Beitrags | © Pieter Van Den Berghe (EBU)


Unsere Überlegungen waren: Was können wir tun, damit es eine gute Show wird? Was können wir tun, damit wir die Künstler überzeugen?
Jetzt nach den ersten Bildern glaube ich, dass wir mit den 13 Metern eine Größe haben, die klein genug für einen Solisten, aber auch groß genug ist, dass 6 Mann auf ihr Alarm machen können.

Die LED-Wand hinter der Bühne wirkt dagegen riesig!

Mit der LED-Wand haben wir, weil das Stadion so hoch ist, versucht, einen Abschluss zu finden. Unser Gedanke war, einen dreidimensionalen Raum zu schaffen. Die Catwalks mit ihren LED-Streifen breiten sich von der Bühne sternförmig in die Arena aus - und das ganze setzt sich eben auch unter Decke fort. Die LED-Wand verbindet die beiden Flächen zu einer dreidimensionalen Wirkung.
In einem normalen Fernsehstudio ist das Licht vorne auf der Bühne und die Zuschauer sitzen im Dunkeln. Hier aber ist der Gedanke: Als Veranstalter machen wir das nicht für uns, sondern für die Künstler. Die Künstler wiederum sind nichts ohne die Fans, ohne die wäre die Halle leer.
Wenn da 36.000 Menschen beim Finale sitzen, tun sie das ja auch, um ein Teil davon zu sein. Das ist das spezifische beim ESC -hier entsteht zum Beispiel auch durch den öffentlichen langen Probenzeitraum eine eigene Welt. Deswegen wollten wir auch die Zuschauer zeigen. Man soll die Reaktionen des Publikums in der Arena sehen: Was finden sie gut, wo gehen sie mit? Um all das zu sehen, wollten wir den ganzen riesigen Raum mit Licht erfüllen.

In den Pressekonferenzen waren die Delegationen voll des Lobes für die Gastgeber

Bei all den Nachbesprechungen nach den Proben hier mit den Delegationen, dem Regisseur, mit Jon Ola Sand und so weiter, versuchen wir immer, bis zum äußersten zu gehen, was die Wünsche der Delegationen angeht. Man wird nicht alle erfüllen können und wollen, aus ästhetischen Gründen oder weil bestimmte Sachen einfach nicht mehr gehen, aber es muss trotzdem ein ästhetisches Gesamtbild ergeben. Und ich hoffe, das ist uns einerseits durch die Gestaltung der Dimensionen der Arena gelungen, dann durch den Rahmen, den wir links und rechts von der LED-Wand gebaut haben, um eine Verbindung zwischen Decke und Boden zu betonen und zu verhindern, dass es auch nach links und rechts nicht so ins Dunkle ausfasert.



Auf der Moskauer großen Bühne marschierten Militärkapellen und das Bolschoi-Ballett zum Pausenact auf. Oslo hat dadurch gepunktet, dass es europaweit das Publikum durch den Flashmob einbezogen hat…

Ja, das war wirklich sensationell.

Was man wahrscheinlich lange nicht nachmachen oder erreichen kann.

Man könnte es ja nur imitieren.

Was für einen Akzent werden Sie diesmal setzen?

Ja, es wird einen Akzent geben, der hoffentlich eine große Überraschung wird. Es wird mehrere Momente geben, bei denen ich die Hoffnung habe, dass unser Motto auch Wirklichkeit wird: Feel your heart beat! Haben wir ja absichtlich gewählt. Mit den Deutschen verbindet man immer ein wenig Technokratisches, Kaltes, Perfektionistisches. Wir sind nicht als die emotionalsten auf der Welt bekannt - genau deshalb haben wir das Motto gewählt und ich hoffe, es gibt viele Momente in der Show, in denen man Emotionen verspürt.

Also dürfen wir gespannt sein auf eine Überraschung?

Hoffentlich auf mehr als eine. Der Opening Act wird hoffentlich eine Überraschung sein. Und dann gibt es eben noch zwei, drei weitere wichtige Momente.


Anke Engelke und Stefan Raab moderieren (zusammen mit Judith Rackers) die größte Musikshow der Welt | © Marc Schulte und Martin Schmidtner

Wir würden gerne noch die Finanzierung ansprechen. Sie bleiben, so war zu lesen, unter dem Budget von Oslo?

Da muss man differenzieren: Das Gesamtbudget liegt ungefähr im Rahmen von Oslo. Die Aufwendungen in der Arena sind doch deutlich höher als die in Oslo, da wir einen größeren Raum mit mehr Technik bespielen. Auf der anderen Seite haben wir eine etwas andere Einnahmesituation als Oslo.
Wenn Sie nur dieses - wie ich finde sensationelle - Pressezentrum ansehen, dann sehen Sie einen der Gründe, warum wir hierher gegangen sind. Das ist ein festes Gebäude. Die Norweger haben auf der grünen Wiese dafür mit Containern und Zelten etwas aufgebaut. Mussten wir nicht! Mit dieser Leichtathletikhalle zum Beispiel sparen wir ordentlich Geld ein.
Was aber den Eigenanteil angeht, da liegen wir - also derzeit, abgerechnet wird ja erst am Schluss - deutlich unter Oslo.
Die Gesamtkosten in Oslo waren 25 Millionen und der Anteil des Senders lag bei 16,25 Millionen Euro, was man im Wesentlichen durch den Verkauf der Senderechte der Fußball-WM in Südafrika finanziert hat. Und die ARD Zahlen sind ja bekannt - der Finanzierungsanteil liegt bei 12,1 Millionen Euro, also ein Viertel unter dem, was die Norweger bezahlt haben.
Auch diese Zahl muss man vor dem Hintergrund sehen, dass wir 28 Jahre nicht gewonnen haben. Wir haben 28 Jahre lang von den Anstrengungen anderer Länder profitiert. In einem Jahr ist das ein hoher Preis, aber über einen längeren Zeitraum gesehen, relativiert sich das.

Trotzdem sind solche Zahlen sehr abstrakt. Fragen wir es mal anders: Wären Sie auch über einen erneuten Sieg Lenas in diesem Jahr begeistert?

Also, ich glaube, dass das Land sich darüber sehr freuen würde. Ich mich persönlich auch.


Jubel nach Lenas Sieg in Oslo | © Marc Schulte und Martin Schmidtner

Und der Sender?

Wie gesagt: das ist Teil des Spiels: wer antritt, muss wissen, dass er im Falle eines Sieges auch ausrichtet. Wir sind nicht diejenigen, die darüber entscheiden. Das sind die Zuschauer in Europa, nicht die deutschen, sondern alle anderen. Und wie das diesmal ausgeht…? Also ich habe ja vorhin gesagt, wie ich mir die Zuschauer in Europa vorstelle und muss sagen: I have no idea!
Für mich gilt, was wir auch vor Oslo gesagt haben: Top 10 ist gut, aber eigentlich wollen wir ja nicht verlieren. Aber das ist alles meine ganz private Meinung - als Teamchef bin ich Gastgeber aller 43 Delegationen und da achte ich sehr darauf, dass ich kein Land bevorzuge. Ich möchte da sehr fair sein und möchte, dass alle 43 sich hier sehr warmherzig aufgenommen und positiv behandelt fühlen und keiner bevorzugt oder benachteiligt wird.

Eine letzte Frage zur Finanzierung: Sind Sie zufrieden mit dem Ergebnis des Sponsorings für die Veranstaltung hier?

Hätte noch mehr sein können. International gab es glaube ich noch nie so ein gutes Ergebnis.


Zurück zur Show: Wie sieht es denn mit den Halbfinalen aus? Die werden ja deutlich geringer besucht. Gibt es Pläne, zum Beispiel die Zuschauer im Innenbereich unten zu konzentrieren?

Wir haben ein bestimmtes Ziel: ich möchte gerne Innenraum und Unterrang voll haben. Das sind 17.000 Plätze. Das ist mein Ziel und daran arbeiten wir. Wir hatten mit Stand von Mittwochmittag um die 82.300 Karten verkauft. So viele Karten sind noch nie verkauft worden. Wir halten da bereits jetzt den Rekord.
Das Problem dabei ist, dass man in Deutschland so auf Lena und das Finale fixiert ist. Wir haben sehr viele Aktionen unternommen, um Mitbürger mit Migrationshintergrund anzusprechen. Denken Sie zum Beispiel daran, wie viele Türken, Polen, Griechen, Leute aus dem ehemaligen Jugoslawien oder Russen es gibt - wir haben da viele Aktionen unter der Überschrift "Unterstütze Dein Land" gemacht.
Viele wissen in Deutschland ja leider gar nicht, dass es die Halbfinals gibt. Die Berichterstattung beginnt jetzt anzuziehen und wir wollen den Leuten die Chance nahe bringen, etwas zu erleben, das sie so schnell nicht wiederholen können. Und wir nutzen die Berichterstattung, um den Zuschauern die Idee nahe bringen: Ok, wenn ich schon nicht mehr zum Finale gehen kann, will ich mir wenigstens ein Halbfinale ankucken - dann verstehe ich das im Fernseher beim Finale vielleicht ein bisschen besser.



Wie sieht aktuell die Zusammenarbeit mit Pro Sieben aus?

Also das hier ist ja unsere Veranstaltung. Wir sind Ausrichter. Pro Sieben ist nicht Mitglied der EBU, aber ich konnte bei der EBU erreichen, dass Pro Sieben übertragen darf, worüber ich mich sehr freue. Und ich freue mich, dass Pro Sieben vom NDR eine Lizenz kauft, um das erste Halbfinale zu übertragen.
Wir arbeiten außerdem in der begleitenden Berichterstattung zusammen. Also so wie ARD und ZDF bei der Olympiaberichterstattung aus einem Studio senden, so machen wir von hier ein ARD-Vorabendprogramm - "Die Show für Deutschland" heißt die Sendung - ein tägliches Magazin von 18:50h bis 19:45h mit Gästen, Quiz und Showacts. Und wenn wir mit dem Senden fertig sind, werden einfach die Hintersetzer gewechselt und es kommt "Eurovision total" auf Pro Sieben: dasselbe Studio, dieselbe Technik und Mannschaft und derselbe Ü-Wagen. Da versuchen wir, Geld zu sparen und da arbeiten wir zusammen.

Im Interview mit Stefan Niggemeier hatten Sie kürzlich eine Regeländerung bei der EBU angesprochen?

Ja, da habe ich möglicherweise etwas ausgeplaudert. Ich weiß nicht, ob die EBU dies bereits kommuniziert hat. Aber bei dem Meeting der Reference Group im März wurde beschlossen, dass bei der Auswahl eines nationalen Acts oder eines nationalen Titels künftig eine Zuschauerbeteiligung stattfinden muss. Also mit anderen Worten: Blue aus GB ist natürlich einerseits ein blödes Beispiel, weil es ja eine gute Wahl zu sein scheint, aber gleichwohl wäre die alleinige Entscheidung eines Redakteurs sowohl für eine Band als auch für einen Song, wie das bei Blue der Fall ist, nicht mehr möglich.
Wir hatten es 2009 für Moskau ja immerhin so gemacht, dass wir eine Jury hatten, die aus 12 oder 13 Songs einen Titel ausgewählt hat, War auch ohne Zuschauer, war auch nicht optimal, aber es war immerhin eine Jury aus unabhängigen Leuten.

Was künftig dann auch nicht mehr möglich wäre!

Genau. Ich möchte ja diese Zuschauerbeteiligung. Ich halte eine solche wirkliche Identifikation des Publikums mit seinem Titel für essentiell.

Der ESC wurde im vergangenen Jahr zur nationalen Aufgabe erhoben? Wie werden wir dies nächsten Samstag bemerken? Eine Prinzessin wie die Norweger haben wir ja nicht - kommt stattdessen Herr Wulff oder Frau Merkel?

Das ist in erster Linie keine Veranstaltung für Prominente. Auch wenn eine Zeitung darüber spekuliert hat, glaube ich, dass dies hier eher eine Veranstaltung für Fans und Zuschauer ist.


Polizeiwagen mit Spürhunden beim Rathausempfang am 7.5. | © Marc Schulte und Martin Schmidtner

Wir erleben hier ein großes Maß an Sicherheitskontrollen. Gab es aufgrund der Düsseldorfer Verhaftungen der letzten Woche eine Verschärfung der Sicherheitslage?

Das Thema Sicherheit war vom ersten Meeting an ein sehr wichtiges. Und wir haben zu einem sehr frühen Zeitpunkt mit den lokalen, regionalen und nationalen Behörden gesprochen. Was wir jetzt als Sicherheitskonzept haben, ist schon im Vorjahr entstanden. Da gibt es immer mal Kleinkram, wo man was anpasst. Aber wir waren uns sehr bewusst, dass eine Fernsehsendung, die 120 Millionen Zuschauer sehen, nicht nur für Zuschauer interessant ist. Von daher haben wir einen hohen Level an Sicherheit. Die Behörden, mit denen wir in täglichem Austausch stehen, haben uns versichert, dass unsere Maßnahmen das höchstmögliche Maß an Sicherheit garantieren.

Herr Schreiber, vielen Dank für dieses Gespräch!

Der Eurovision Song Contest (ESC) ist der weltweit größte Musikwettbewerb.
Er wird von der EBU (European Broadcasting Union) veranstaltet; teilnahmeberechtigt sind alle der EBU angehörenden Sendeanstalten. Im vergangenen Jahr hatte Lena Meyer-Landrut den ESC in Oslo gewonnen und somit die Show nach Deutschland geholt. Berlin, Hamburg, Hannover und Düsseldorf hatten sich als Austragungsorte beworben - den Zuschlag erhielt die Landeshauptstadt Düsseldorf. Das Fußballstadion in Düsseldorf, die Arena, fasst nach ihrem Ausbau zur ESC-Halle 36.000 Zuschauerinnen und Zuschauer.
Für ihren Umbau wurde der Rasen abgetragen und eine gewaltige Licht- und Tontechnik installiert: 150 Arbeiter montierten innerhalb von drei Wochen beispielsweise 2.200 Scheinwerfer am Hallendach, sowie eine 1.300 Quadratmeter große Videowand. Mit mehr als 82.000 verkauften Tickets (Stand 4.5.2011 - noch gibt es Tickets für das zweite Halbfinale und für das Finale) stellt der Düsseldorfer Song Contest einen neuen Besucherrfekord auf. 2.500 Journalisten sind für das Medienspektakel akkreditiert - es wird alljährlich in mehr als 45 Länder ausgestrahlt - darunter auch Neuseeland und Australien, wo er sich großer Beliebtheit erfreut - und von 100 bis 120 Millionen Menschen gesehen.

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Martin Schmidtner

ist Blogger für kulturelle Events.

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