Kultur

Liebe Sprache

von Birgit Güll · 11. März 2014

Der Preis der Leipziger Buchmesse wird am 13. März verliehen. Bei den Nominierten sorgen Debütanten und Nicht-Muttersprachler für Spannung.

Am 13. März wird der Preis der Leipziger Buchmesse verliehen. In der Kategorie Belletristik sind in diesem Jahr gleich drei Debüts nominiert: Fabian Hischmanns „Am Ende schmeißen wir mit Gold“ (Berlin Verlag), Per Leos „Flut und Boden“ (Klett­ Cotta) und Katja Petrowskajas „Viel­leicht Esther“ (Suhrkamp Verlag). Sie ist die einzige Frau in der Kategorie. und sie ist eine von zwei Nominierten – das ist vielleicht noch bemerkenswerter als der Reigen der Debütanten – deren Mutter­sprache nicht Deutsch ist.

Petrowskaja ist 1970 in Kiew gebo­ren, seit 15 Jahren lebt sie in Deutschland. Mit der Lesung aus dem Manu­skript von „Vielleicht Esther“ hat sie im letzten Jahr den Ingeborg-­Bachmann­-Preis gewonnen. „Wundervoll, kraftvoll und leicht gewebt“, lautete das Urteil der Jury über den Text der Ukrainerin. Sie sei „noch minderjährig“ in der Deutschen Sprache sagt Petrowskaja über sich und schreibt dabei so leichtfüßig und poe­tisch, dass die Wucht ihrer Worte umso schwerer wiegt.

"Wenn es keine Menschen mehr gibt, nur noch Quellen"
Petrowskaja erzählt von einer Reise in die eigene Familiengeschichte. Eine Frau begibt sich auf die Spuren ihrer Ur­großmutter, die vielleicht Esther hieß, vielleicht auch nicht. Sie ist eine Nach­geborene, die sich mit Bruchstücken von Information aufmacht, die Geschichte ihrer Familie zu erkunden, die auch die Geschichte der Vernichtung der Ost­europäischen Juden durch die National­sozialisten ist.

„Geschichte ist, wenn es plötzlich keine Menschen mehr gibt, die man fragen kann, sondern nur noch Quellen“, heißt es in dem Buch. Die Autorin bewegt sich mit der „auf die Zun­ge geklebten deutschen Sprache“ durch den „Baumüll der Geschichte“ und zeigt, wie Erinnerung sich verändert, wenn die letzten Zeitzeugen verschwunden sind.

Die Fremdsprache als Werkzeug
Der zweite Autor, für den Deutsch nicht die Muttersprache ist, ist Saša Stanišić. 1978 in Bosnien­Herzegowina geboren, kam er als 14­-Jähriger mit seinen El­tern nach Deutschland. 2006 erschien sein Debütroman „Wie der Soldat das Grammofon repariert“, ein eindringli­ches Buch über den Jugoslawienkrieg, gefärbt von persönlicher Erfahrung. Das Buch ist inzwischen in 30 Spra­chen übersetzt und Stanišić legt mit „Vor dem Fest“ (Luchterhand) seinen zweiten Roman vor.

Der spielt im ucker­märkischen Dorf Fürstenfelde, in der Nacht vor einem traditionellen Fest. Die­se Nacht verdichtet Stanišic zu einem farbsatten Gemälde der Bewohner und der Gegend. Stanišic ist ein genauer, ein liebevoller Beobachter. Vier Jahre hat er an dem Buch gearbeitet. Die zweite, die später erlernte Sprache ist sein Werk­ zeug. „Das Deutsche ist eine sehr flexi­ble, formbare Sprache“, sagt Stanišić.

Nominiert ist neben den vier Genann­ten der arrivierte Autor Martin Mose­bach mit seinem roman „Das Blutbu­chenfest“ (Hanser). In zwei Tagen stehen der oder die Gewinnerin fest.

Autor*in
Birgit Güll

ist Redakteurin, die für den „vorwärts“ über Kultur berichtet.

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