Zumindest letztere tischt "Kusswechsel - Kein Vorspiel ohne Nachspiel" (der Originaltitel lautet "Femmine contro Maschi", "Männer gegen Frauen") reichlich auf. Mittels klassischer Elemente wie Täuschung, Tarnung und deren Scheitern verfolgt Regisseur Fausto Brizzi die Beziehungsprobleme von vier Turiner Paaren, größtenteils dargestellt von einer Riege prominenter Gesichter des italienischen Humor-Mainstreams aus Fernsehen und Kino.
Genauer gesagt: Es geht zunächst um drei Paare und ein Ex-Paar. Denn im Gegensatz zu Valentina, Diana und Anna hat Elena ihren Göttergatten nach jahrelangem Ehefrust in den Wind geschossen. Dennoch spielt sie mit dem Macho-Schönheitschirurgen Marcello einmal im Jahr die heile Familie, um dessen Mama nicht zu vergrätzen. Dabei brechen immer wieder alte Wunden auf. Doch langsam, aber sicher kehrt die alte Liebe zurück.
Diana und Valentina verzweifeln dagegen an den Kindsköpfen Rocco und Michele. Anstatt sich um ihre Partnerinnen zu kümmern, verbringen sie ihre Freizeit am liebsten mit Fußball-Sammelbildchen und Proben für den großen Durchbruch ihrer Beatles-Coverband. Von der Vorbereitung auf den baldigen Nachwuchs ganz zu schweigen.
Ehemann nach Gusto
Anna leidet wiederum unter der demütigenden Ignoranz ihres Mannes. Beide könnten kaum verschiedener sein: Während sich die Ärztin für französische Literatur und klassische Musik begeistert und sich nach Zärtlichkeit sehnt, schlägt das Herz des bulligen Tankwarts für Juventus Turin, Kneipenabende und Eroberungen an der Zapfsäule. Doch plötzlich verliert Piero sein Gedächtnis - und Anna nutzt die Gelegenheit, ihn neu zu "formatieren". Nun begeistert er sich - Überraschung! - für französische Literatur und klassische Musik. Das eheliche Sexleben blüht wieder auf. Leider ist das neue Glück nur von kurzer Dauer. Und doch ist - nicht nur bei diesem Paar - am Ende nichts so wie es war.
Gefühlschaos, enttäuschte Hoffnungen und zerstörte Träume: Die vier Beziehungsgeschichten, die Brizzi an einigen Stellen zusammenführt, schöpfen aus der ganzen Mannigfaltigkeit an Irrungen und Wirrungen, die sich aus Sicht von Drehbuchschreibern bietet, wenn Mann und Frau Tisch und Bett teilen oder das bereits hinter sich haben. Doch die komödiantische Übertreibung, all das anzugehen, verpufft gegenüber der konventionellen Erzählweise und den klischeehaften Figuren.
Was zu einem Glanzaufttritt für gestandene Komiker wie Salvatore Ficarra und Valentino Picone - das aufgekratzte Kabarettisten- und Moderatoren-Duo verkörpert konsequenterweise die besagten Kindsköpfe - hätte werden können, ist unterm Strich eine leichte Sommerkomödie mit ödem Happy-End-Kitsch. Altbackener Humor inklusive. Zwar lässt sich gerade von Ficarra und Picone sagen, dass sie vor allem sich selbst spielen, und zwar äußerst unterhaltsam, wenn nicht gar verblüffend. Doch was heißt das schon, wenn ihr turbulenter Pointenreigen am Ende im Schmalz versinkt?
Front gegen Alpha-Männchen
Dass Männer unverbesserliche, aber tief im Herzen liebevolle Chaoten sind, die man so nehmen muss, wie sie sind, ist eine Moral, die mehr mit 70er-Jahre-Schlagerfilmen als mit einer grotesken Zuspitzung auf der Höhe der Zeit zu tun hat. Was umso bemerkenswerter ist, als nicht nur unter Italiens Weiblichkeit die Wut über ein Alpha-Männchen-Verhalten wächst, wie es Ministerpräsident Silvio Berlusconi exemplarisch vorlebt - der steht bekanntlich wegen Umgangs mit minderjährigen Prostituierten und Amtsmissbrauchs vor Gericht.
"Menschliches Verhalten ist langfristig veränderbar, wenn der Rahmen von Akzeptanz verändert wird", erklärte die Berliner Geschlechterforscherin Gabriele Dietze in der "taz" im Hinblick auf das Sexualverhalten einiger Spitzenpolitiker. Dass die Protagonistinnen an dieser Rahmenverschiebung "im kleinen" scheitern, hinterlässt somit einen reichlich faden Beigeschmack.
Der will auch dann nicht vergehen, wenn man berücksichtigt, dass "Kusswechsel" der Gegenpart zum ersten Teil von Brizzis Gender-Reihe sein will: In "Maschi Contro Femmine" ("Männer gegen Frauen") waren nicht die bösartigen Umerziehungsversuche der Damen, sondern die chronische Untreue triebgesteuerter Herren das zentrale Thema.
Die versöhnlich endenden Verwicklungen, so verlautete es, wollen offenbaren: "Es geht nicht mit, aber noch weniger ohne das andere Geschlecht!" Treffender lässt sich sagen: In Sachen erhellende Geschlechterkomödie geht es ohne diesen Film.
"Kusswechsel - Kein Vorspiel ohne Nachspiel" ("Femmine contro Maschi") (Italien 2011), Regie: Fausto Brizzi, mit Claudio Bisio, Nancy Brilli, Salvatore Ficarra, Valentino Picone, Francesca Inaudi, Luciana Littizzetto, Emilio Solfrizzi, Serena Autieri, Wilma de Angelis, Länge: 113 Minuten. Kinostart: 09. Juni Mehr Informationen unter http://www.kusswechsel.senator.de/