Kultur

Kultur macht unverwechselbar

von Die Redaktion · 4. September 2007
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"Renaissance der Kulturstadt - Was macht Halle zum Beispiel?" hieß das Motto des diesjährigen Kulturempfangs des Forum Ostdeutschland. Stilecht war der Empfang für die über hundert Gäste mit Rotkäppchen-Sekt, prominent besetzt das Podium. Der Einladung nach Halle folgten neben Vertretern aus Kunst und Kultur auch Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse und Bundesminister Wolfgang Tiefensee.

Bei Kultur nicht sparen

Kultur sei ihm "lieb und teuer" erklärte Jens Bullerjahn, stellvertretender Ministerpräsident und Finanzminister Sachsen-Anhalts, schon bei der Begrüßung. Und wie man am Haushaltsentwurfs des Landes ablesen könne "besonders lieb und besonders teuer." Diese Einführung machte klar, dass bei den Gesprächen die ökonomischen Aspekte von Kultur eine wesentliche Rolle spielen sollten.

Was Kultur für ostdeutsche Städte bedeuten kann, verdeutlichte Ingrid Häußler, ehemalige Oberbürgermeisterin von Halle, zu Beginn der Veranstaltung mit einer Anekdote. Die Unternehmensberatung "Roland Berger" habe Halle in einer Studie Sparvorschläge für fast alle Bereiche des städtischen Haushalts gemacht - außer für den Kulturbereich. Hier hätten selbst die Ökonomen Potenzial erkannt und Ausbau statt Sparkurs empfohlen: Kultur als Alleinstellungsmerkmal, Zukunftsbranche und Standortfaktor.

Rückbesinnung auf kulturelle Wurzeln

Viele Städte im Osten sollten sich einfach auf ihre kulturellen Wurzeln und Traditionen rückbesinnen, so Häußler weiter. Wie das Halle und anderen Kommunen Sachsen-Anhalts gelungen ist, berichtete etwa Annegret Hahn. Seit 2001 ist sie Intendantin des Thalia Theaters Halle, das erst kürzlich in der Kulturbeilage des SPIEGEL als eines der innovativsten Kulturprojekte der letzten Jahre gelobt wurde. Das Konzept des Thalia: Die Kultur vor Ort verankern und mit den Bürgern diskutieren. Kultur könne sich durchaus "mit Fragen der Region beschäftigen." In Halle bisher ein Erfolgskonzept.

Weitere Beispiele erfolgreicher, kommunal prägender Kulturpolitik präsentierten Regina Bittner vom Bauhaus Kolleg Dessau und Wolfgang Stockert, Kanzler der Hochschule für Kunst und Design Halle.

Kultur als Teil der Stadtentwicklung

Die Teilnehmer der Gesprächsrunde plädierten einhellig dafür, Kultur nicht mehr nur als Randphänomen zu sehen, sondern vielmehr als einen Schwerpunkt der Stadtentwicklung zu begreifen. Kultur sei "lebenswichtig für den Organismus Stadt", meinte Wolfgang Tiefensee, im Bundeskabinett zuständig für Stadtentwicklung und den Aufbau Ost. Den Städten böte Kultur die Chance "unverwechselbar" zu werden.

Ähnlich sieht das Wolfgang Thierse. Die "städtische Kultur" im Osten sei ein echter Standortvorteil. Auch wenn es bei Sanierung und Restaurierung noch einiges zu tun gäbe: Allein die historische Bausubstanz könne ein Erfolgsfaktor sein. Anders als in vielen westdeutschen Städten sei sie "von den Bausünden der 50er, 60er und 70er Jahre verschont" worden, so Thierse.

Zivilgesellschaft stärken

Über die ökonomischen Chancen kulturellen Engagements hinaus betonte der Bundestagsvizepräsident: Kulturinstitutionen wie Theater, Stiftungen oder Museen würden sich ein Publikum schaffen und konstituierten so einen Teil der Zivilgesellschaft und der Bürgergesellschaft. "Und die muss in Ostdeutschland noch stärker werden."

Thierse verwies auf den Leitantrag "Kultur ist unsere Zukunft" zum Bundesparteitag in Hamburg. Die SPD spreche sich darin für eine Stärkung der Kultur- und Kreativwirtschaft aus. Sie sei "längst kein ökonomisches 'Randphänomen' mehr, sondern ein boomender Zukunftsmarkt", so der Antrag und damit eine echte Entwicklungschance für mittlere Städte in Ostdeutschland, ergänzte Thierse.

Theater der Welt zu Gast in Halle

Halle, die Gastgeberstadt des diesjährigen Kulturempfangs, will diese Chancen nutzen. Für 2008 hat sie den Zuschlag für das alle drei Jahre stattfindende Theaterfestival "Theater der Welt" bekommen, das sich zum Ziel gesetzt hat, international wegweisende Entwicklungen der Bühnenkunst zu präsentieren. Kritiker unken: Die Stadt würde sich bei ihrer angespannten Haushaltslage mit diesem Projekt übernehmen. Befürworter sehen das anders: Kultur als Wirtschaftsfaktor eben.

Timm Schneider

www.forumost.de

www.theaterderwelt.de

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