Erneut macht Reinhold Friedl das Elbe-Weser-Dreieck fern internationaler Metropolen zum Ort des Handelns. Die Region wird Schauplatz von Terrorismus und Anschlägen, unbekannten Tätern und Debatten um Integration von Migrantinnen und Migranten in einer Zeit von islamistischen Drohgebärden gegenüber Deutschland.
Kehle durchgeschnitten - aus Eifersucht?
Lokalreporter Amandus Abendroth, der aufklärerische Anti- Held, findet nach der Feier zum Gewinn des Oste-Pokals für die Blau-Weißen Kicker die Leiche einer Spielerfrau. Der Schnitt durch ihre Kehle ähnelt einem roten Halbmond. Unter den 56 Partygästen der Feier fehlen "Täter". Es gibt wohl mehr Gründe als Eifersucht oder andere vordergründige Motive. Gerätselt wird über terroristische Hintergründe.
Geschichten über die Polisario-Bewegung, über den Einsatz in Afghanistan und die UN mischen sich mit kommunalpolitischen Anekdoten und Machtspielen. Der 11. September ist immer präsent. Und bereitet auf eine mögliche Katastrophe vor.
All das lässt auf das internationale Interesse und Engagement des Autors genauso schließen wie auf seine konkreten Erfahrungen in der Region. Der Politikwissenschaftler Reinhold Friedl war schließlich nicht nur pädagogisch tätig, sondern auch internationaler Beamter bei den Vereinten Nationen. Noch heute unterstützt er die UN-Flüchtlingshilfe ehrenamtlich.
Autobombe tötet den Falschen
Erstaunlich viele Frauen zeigen im Krimi Sachverstand. Dennoch ist es am Ende der Freund von Amandus Raimund, der durch Verwechslung Opfer einer Autobombe wird, die Amandus' Benz zerstört. Es wird klar, dass islamistischer Extremismus die norddeutsche Provinz mit ihren Schiffspassagen erreicht hat.
Absurde Zufälle häufen sich. Islamische Akteure geraten außer Kontrolle - ohne dass Vorurteile bedient werden. Wieder einmal will der unermüdliche und unerschrockene Lokalreporter Amandus Abendroth die lokalen und internationalen Verwicklungen nicht wahr haben, und muss sie doch endzeitmäßig erleben.
Zivilcourage erhält entscheidende Chance
In diesem Krimi mit viel Lokalkolorit von Oldenburg, Weser - Ems und Nordsee wird kein Seemannsgarn gesponnen, aber spannend erzählt, wie gewaltsam sich Überzeugungen entladen können, wenn Menschen Gewalt eine Chance geben. Die Zivilcourage von Menschen gegen den Terror erhält aber die entscheidende Chance. Liebe und Heimatgefühl, Freude an Landschaft, am Essen sowie dem Glas Wein machen deutlich, dass auch in Norddeutschland neben erschreckender Gewalt Genuss zeitgleich eine Rolle spielen kann.
Reinhold Friedls dritter Krimi liest sich gut, regt zum Nachdenken an. Das will auch der Schriftsteller, der seine Heimat liebt, in ihr aber keine Insel ohne mögliche Gewalt sehen kann.
Reinhold Friedl: "Die Große Hochzeit", Schardt Verlag Oldenburg 2010 , 208 Seiten, 12,80 Euro, ISBN 978-3898415408
ist Vorsitzende des Marie-Schlei-Vereins für Geschlechtergerechtigkeit. Mehr über die Europapolitikerin, Kämpferin für Gleichstellung, Netzwerkerin für Frauen in der Dritten Welt lesen Sie hier: