Im Schatten der Gewalt – beim Autor Horst Ehmke jagen sich die Ereignisse
Auch als Romanautor kann Horst Ehmke von der Politik nicht lassen. Im Gegenteil: "Im Schatten der Gewalt" dringt tief in die Verflechtungen der internationalen Geheimdienste ein. Andreas
Basler, Sonderermittler des BKA, stirbt im Einsatz. Sein Mentor Walter Kuhlmann macht sich auf die Spur des jüngeren Kollegen. Beim Lesen von Baslers Tagebüchern gibt ihm insbesondere dessen
APO-Vergangenheit Rätsel auf.
Der geplante Terroranschlag auf den Reichstag während der Weltmeisterschaft bildet nur den Rahmen der Erzählung. Auf 220 Seiten jagen sich die Ereignisse: gewaltsame Räumung in der
Hausbesetzerszene, Verbrecherjagd über den ganzen Kontinent, Schießerei in der Mensa der Humboldt-Universität - und schließlich sind da auch noch zwei geheimnisvolle Frauen, die Basler trifft.
Alles nachgezeichnet vom pensionierten Ermittler Kuhlmann, aus dem immer wieder Horst Ehmke selbst zu sprechen scheint. Wer aufmerksam liest, wird manchen Kommentar des Autors zu den
Ereignissen der gegenwärtigen Politik entdecken. Sogar ein Hauch von Selbstkritik findet sich zwischen den Zeilen, wenn es etwa um den Radikalenerlass der Brandt-Regierung geht.
Die immerwährende Frage von Rechtsstaat und effektiver Terrorbekämpfung zieht sich als roter Faden durch das Werk - ein Konflikt, der den Politiker Ehmke über die 70er Jahre hinaus
begleitete. Zentral ist auch die Frage der Anwendung von Gewalt, der sich auch der Pazifist und Polizist Basler immer wieder stellt. Dazwischen detailversessene Exkurse zu AWACS-Abfangjägern,
Sicherheitsetats, ABC-Waffen, die zeigen: Der Autor ist auf dem neuesten Stand.
Einen "spannenden Thriller, zugleich aber auch einen Text politischer Bildung" nannte Wolfgang Thierse den Roman vor rund 250 Zuschauern im Willy-Brandt-Haus; ein Genre der politischen
Unterhaltung, das bislang eher von angloamerikanischen Autoren bekannt war. Horst Ehmke selbst zeigte sich "überzeugt, dass man damit viel für die politische Bildung tun kann."
Seit 40 Jahren sind Horst Ehmke und Egon Bahr befreundet. Dennoch, scherzte Bahr, sei er bei der Lektüre beeindruckt gewesen von Ehmkes krimineller Phantasie: "Ein Glück, dass Horst Ehmke
nicht auf der anderen Seite steht."
Manuel Preuten
Horst Ehmke: Im Schatten der Gewalt, be.bra-Verlag, 220 Seiten, ISBN 386124599X, 17,90 Euro