Geboren wird Anna Boom in Holland. Nach ausgedehnten Reisen quer durch Europa lebt sie mit ihrer wohlhabenden Mutter in Wien. Der Vater war bereits früh verstorben. Als Hitler Österreich annektiert, verlassen die beiden das Land. Die Mutter lebt während der folgenden Jahre in verschiedenen europäischen Kurorten. Anna geht nach Budapest. Um finanziell unanhängig zu sein, nimmt die junge Frau eine Stelle am Theater an, schneidert Kostüme.
Politisches Engagement
Doch bald ist der nationalsozialistische Terror auch in Ungarn spürbar: Berufsverbote für Juden werden erlassen, die Deportationen beginnen. Auch die Repressionen gegen die ungarische Bevölkerung nehmen zu. Die bis dahin unpolitische Anna Boom beschließt zu helfen: Sie engagiert sich für das schwedische Rote Kreuz, erledigt Botengänge und Kurierdienste. So verhilft sie Juden und anderen Verfolgten zu schwedischen Diplomatenpässen. Bisweilen versteckt sie auch Menschen in ihrer Wohnung und setzt sich für Verhaftete der Gestapo ein.
Im Auftrag ihrer Freundin filmt Anna Boom einige der berüchtigten "Todesmärsche": Spärlich bekleidete Juden, die bei eisiger Kälte kilometerlange Strecken zu Fuß zurücklegen mussten. Viele starben an Entkräftung oder wurden ermordet. Anna Boom hat das Grauen für die Nachwelt festhalten.
Es war nur eine Frage der Zeit, bis die ungarischen Nationalsozialisten - die Pfeilkreuzler - auf Anna Boom aufmerksam werden: Sie wird festgenommen, kann aber mit Hilfe eines Offiziers entkommen. Unbeirrt engagiert sie sich weiter für Verfolgte. In einem unterirdischen Krankenhaus auf der Festung Budapest arbeitet sie als Krankenschwester. Zeitlebens wird sich die mutige Frau für andere Menschen einsetzen.
Selbstbestimmtes Leben
Auch privat strebt Anna Boom nach einem selbstbestimmten Leben. Zwei Ehen scheitern, denn ein Dasein im vom Ehemann beherrschten goldenen Käfig ist nicht ihre Sache. Viel später heiratete sie Jan van Oldenborgh. Der Manager der Fluggesellschaft KLM respektierte Anna Booms persönliche Freiheit. Nach seinem Tod gründete sie die Stiftung "Jan KLM", die unter anderem in Äthiopien Hilfe leistet.
Anna Boom ist ein Vorbild. Die empfehlenswerte Biographie, die Judith Koelemeijer schrieb, ist spannend und fesselnd. Und sie ist ein Aufruf, tätig zu werden und Bedürftigen beizustehen. Die Geschichte Anna Booms ist letztlich ein Porträt gelebter Solidarität.
Judith Koelemeijer: "Das Leben der Anna Boom. Die Geschichte einer mutigen Frau" Aus dem Niederländischen von Anna Carstens. Deutsche Verlags-Anstalt, 2009, 282 Seiten, 19,95 Euro, ISBN
978-3-421-04400-6
Ich studiere Kulturwissenschaften an der Europauniversität Viadrina in Frankfurt (Oder) mit den Schwerpunkten Kulturgeschichte und Sozialwissenschaften. Ich lerne dort ebenfalls Englisch und Spanisch. In meiner Freizeit bin ich "ganz normal" wie andere auch: Ich spiele Fußball, gehe gerne weg oder verbringe Zeit mit meinen Freunden.