Zu seinem Abschied mit dem Erreichen des 65. Lebensjahres im September 2006 widmeten ihm Freunde, Kollegen und Mitstreiter - wie so häufig in den kommunalen Disziplinen ganz überwiegend
Männer - mit "Brennpunkt Stadt" eine umfangreiche Festschrift, die eine Übersicht über fast alle Forschungsfelder der aktuellen deutschsprachigen Kommunalwissenschaften darstellt.
Wer sich über den "State of the Art" der Einzeldisziplinen informieren will, kommt an dem gewichtigen Band kaum vorbei. Auf über 600 Seiten beschreiben über 40 renommierte Autoren die
wesentlichen Themenfelder:
Nach Grußworten von Städtetagspräsident und Münncher OB Christian Ude und Städtetagsgeschäftsführer Stephan Articus stellt der stellvertretende Difu-Leiter Rolf-Peter Löhr seinem langjährigen
Institutsleiter und Chef ein denkbar positives Zeugnis aus: In dem mehr freundschaftlich als kollegial gehaltenem Grußwort lobt er Mädings umfangreiches wissenschaftliches Wirken, seinen
innovativen und unbürokratischen Führungsstil und den erfolgreichen Brückenschlag zur Öffentlichkeit und zur (Bundes-)Politik, der das Difu u.a. zu Projektbegleitern so bedeutender
Stadtentwicklungsprogramme wie etwa "Soziale Stadt" werden ließ.
Überblick über alle kommunalwissenschaftlichen Problemfelder
Es folgen Beiträgen von kommunalen Theoretikern und Praktikern zu den Themen, mit denen sich Mäding und das difu schwerpunktmäßig beschäftigen: Deutsche Städte und Megatrends /
Herausforderungen im 21. Jahrhundert; Politik und Verwaltung; Stadtentwicklung und Recht; Wirtschaft und Finanzen; Umwelt und Verkehr sowie Stadtgeschichte und Kultur. Eine kurze Vita und vor allem
eine umfangreiche Bibliographie seiner Schriften zeigen nachdrücklich auf, wie fundiert und vielseitig Prof. Heinrich Mäding viele Jahre lang kommunalwissenschaftlich gearbeitet hat.
Bezeichnenderweise beginnen die Aufsätze über die "Herausforderungen im 21. Jahrhundert" mit den "Zeiten des Schrumpfens" (S. 51-65): Prof. Klaus Borchard benennt die Optionen für den
Städtebau, auf die Schrumpfung der Bevölkerung und ihre Folgen für die kommunale Infrastruktur zu reagieren. Sein Tenor: "Stadtschrumpfung und Stadtumbau können durchaus Chancen enthalten. Man muss
nur gemeinsam danach suchen und sie aufgreifen" (S. 64)
Im Anschluss zeigen zwei erfahrene kommunalpolitische Praktiker, wie Stadtpolitik mit demografischem Wandel umgehen kann: Herbert Schmalstieg für Hannover (S. 67-75) und Beate Weber für
Heidelberg (S. 77-92), das auf der Grundlage sehr differenzierter Erhebungen strategisch auf die Überalterung reagiert: Von der Flexibilisierung des Angebots öffentlicher Dienstleistungen über
spezielle Wohnungsbauangebote bis hin zur Förderung von Dialog, Beteiligung und Kreativität in der Wissesnchafts- und Forschungsstadt am Neckar.
Karl-Dieter Keim, langjähriger Leiter des IRS-Instituts in Erkner und nun Professor für Stadt- und Regionalentwicklung in Cottbus, erörtert die Frage, ob angesichts wachsender Ungleichheiten
die grundgesetzlich verbriefte "Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse" noch ein kommunalpolitisches und raumplanerisches Ziel sein kann. Dabei plädiert er dafür , neben einer unverzichtbaren
Grundversorgung - über deren Inhalte man allerdings trefflich streiten kann - das Gleichwertigkeitsziel aufzugeben. An seine Stelle sollte s.E. das organisieren und begrenzen der Gegensätze treten
("mangaging diversity"). Dazu brauche es vor allem (erfolgreiche) Modellprojekte zur Etablierung neuer Leitbilder (S. 93-103).
Der Kölner difu-Koordinator Werner Heinz analysiert die Konsequenzen der Globalisierung für die kommunale und regionale Ebene, und als Reaktion die Herausbildung von "kommunalen
Wettewerbsstädten" (S. 113), die sich auf die Verbesserung ihrer Standortbedingungen für das flexible Kapital und kaufkräftige Bürger/innen konzentrieren.
Für eine s.E. notwendige, aber seltene Gegensteuerung verweist er auf integrierte Handlungskonzepte, die einige Kommunen in Kombination mit Bundesprojekten wie "Soziale Stadt" oder in den
"Lokalen Bündnissen für Familie" u.a. einsetzen. Diese seien aber häufig isolierte Einzelfälle und bedürften dringend der rechtlichen Flankierung und einer gesicherten finanziellen Ausstattung
durch den Gesetzgeber. Nötig seien dafür aber auch mehr gemeinsames und strategisches Auftreten der Kommunen auf der nationalen und insbesondere auf der immer mehr an Bedeutung zunehmenden
europäischen Ebene (S. 105-119).
Gründe für eine gute Zukunft der Städte
Dietrich Henkel, viele Jahre difu-Mitarbeter und nun Professor an der TU Berlin, benennt mit "Einigen Thesen zur Zukunft der Städte" (S. 121-134) gute Gründe, warum die Kern- und Innenstädte
auch in Zeiten der Globalisierung ihre Bedeutung mindestens behalten, wenn nichtnoch ausbauen werden: So bleibt der Trend zur Verstädterung global ungebrochen (S. 122). Beim wirtschaftlichen
Strukturwandel stellt Henkel fest, das es zunehemend Gründe für die Annahme gibt, dass die Städte von ihm eher profitieren: Beispielsweise als Zentren für Bildung, Forschung und Wissenschaft, von
Talenten und Kreativität etc.
Die Bedeutung des Raums wird zwar durch neue Techniken vermindert, diese machen aber die Städte als Knotenpunkte moderner Produktion nicht überflüssig. Und der demografische Wandel stärkt
eher die Städte mit ihrer für Ältere leichter erreichbareren Infrastruktur, ihrem Potenzial an Jugend (mit Migrationshintergrund) und Ressourcen. Auch die Leitbilder wandeln sich in Richtung
Toleranz, Kreativität und Urbanität., sogar die viel beklagte Festivalisierung stärkt die Innenstädte.
Schließlich werden gerade durch den Strukturwandel mit den industriellen Brachen neue Flächen für selbstbestimmte Lebensentwürfe und Arbeitsformen in den Städten geschaffen und genutzt.
Henkels Fazit: "Als Lebens- und Siedlungsform hat die Stadt ihre Überlebensfähigkeit längst bewiesen und beweist sie unter veränderten Rahmenbedingungen immer wieder neu" (S. 130).
Es würde zu weit führen, alle weiteren Aufsätze des Sammelbands in einer Rezension resümieren zu wollen. Festzuhalten bleibt, dass hier Spitzenvertreter deutschsprachiger Kommunalwissenschaft
und -politik über den Stand der Debatten und - teilweise - auch über die Umsetzung berichten: So schreiben z.B. im Kapitel "Politik und Verwaltung" u.a. Dieter Grunow, Hermann Hill und Christoph
Reichardt. Auf knappem Raum werden die Kernthemen aktuell behandelt. Mit jeweils einer kurzen Literaturliste und einer Autorenvita liegt ein unverzichtbares Standardwerk für alle vor, die sich
rasch und kompetent über aktuelle kommunale Fragen informieren wollen.
Stefan Grönebaum
Herausgeber: Deutsches Institut für Urbanistik, "Brennpunkt Stadt. Lebens- und Wirtschaftsraum, gebaute Umwelt, politische Einheit. Festschrift für Heinrich Mäding zum 65. Geburtstag", 618
Seiten, difu Berlin 2006, ISBN-10: 3-88118-426-=, ISBN-13: 978-3-88118-426-7, Bestellung beim difu unter difu@difu.de
Chefredakteur der DEMO, Fraktionsvorsitzender der SPD in der Bezirksverordnetenversammlung Berlin Charlottenburg-Wilmersdorf