Kultur

Frauen im Krieg

von Birgit Güll · 8. März 2013

28 Jahre lang fotografierte Marissa Roth Frauen, die einen Krieg erlebt und überlebt haben. Auf der Suche nach ihren Geschichten ist Roth um die Welt gereist. Ein Querschnitt ihrer Arbeit wurde am Donnerstag im Berliner Willy-Brandt-Haus eröffnet: „One Person Crying“ heißt die Ausstellung.

Auf den Fotos sind keine Waffen und kein Blut. Es sind Bilder von Frauen, die Gewalt erlebt haben. Frauen die 1945 die Atombombe auf Hiroshima überlebten. Afghanische Witwen, von denen es so viele gibt in einem Land, in dem seit drei Jahrzehnten Kriege geführt werden. Mütter, deren Kinder im Krieg gestorben sind – im ehemaligen Jugoslawien, in Nordirland oder Kambodscha. Frauen die von Soldaten vergewaltigt wurden, in vielen Kriegsgebieten dieser Welt. Marissa Roth hat sie fotografiert. „Diese Frauen sind keine Opfer, sie sind Überlebende“, sagt Roth bei der Ausstellungseröffnung.

Sexuelle Gewalt als Waffe

28 Jahre lang hat Roth Menschen aufgesucht, die Tod und Leid erlebt haben. „Ich habe mir das Projekt nicht ausgesucht. Es hat mich ausgesucht“, sagt die Fotojournalistin. Alles begann 1988, als sie für eine amerikanische Zeitung in Pakistan afghanische Flüchtlinge fotografierte. Die vielen Witwen interessierten sie. Sie ist zu ihnen hingegangen und hat Bilder gemacht. Seitdem habe sie das Thema Frauen und Krieg nicht mehr losgelassen. 

„Es ist auch eines meiner Herzensthemen“, sagt Selmin Caliskan. Sie ist die neue Generalsekretärin von Amnesty International in Deutschland. Bei ihrer Rede im Willy-Brandt-Haus erzählt sie von ihren Besuchen in Kriegsgebieten, etwa in der Demokratischen Republik Kongo. Sie erzählt von Vergewaltigungen, von Frauen die sich untereinander helfen, weil ihnen sonst niemand hilft. Sie sagt, dass sexuelle Gewalt als Kriegswaffe eingesetzt werde.

Bei Friedensverhandlungen und Kriegsverbrecher-Prozessen falle das Tabuthema sexualisierte Gewalt häufig unter den Tisch, sagt Caliskan. Seit 2000 gebe es die „UN-Resolution 1325“. In der heben die Vereinten Nationen erstmals die Rechte von Frauen hervor und rufen dazu auf, ihnen eine gleichberechtigte Rolle in Friedensverhandlungen zuzubilligen. Ein wichtiger Schritt, doch UN-Resolutionen sind nicht rechtsverbindlich. Die internationale Politik sei gefragt, um die Frauen darin zu unterstützen ihre Rechte wahrzunehmen, sagt Caliskan.

Mit den Erfahrungen des Krieges in die Zukunft

Kriegserfahrungen bleiben für immer Teil des Lebens. „Diese Frauen haben mir gezeigt, wie man mit einem solchen Hintergrund in die Zukunft gehen kann“, sagt die Fotografin Roth. Sie hat beeindruckende Frauen erlebt. Die haben die Fotografin auch zu ihrer eigenen Geschichte geführt. Zum Haus ihrer Großeltern in Novi Sad, im heutigen Serbien. Dort wurden ihre jüdischen Großeltern 1942 von ungarischen Faschisten ermordet.

Heute erinnert eine Gedenktafel an das Massaker in Novi Sad. Roth hat sie gefunden, die Namen ihrer Großeltern stehen drauf. Sie hat auch das Haus besucht in dem sie lebten. „Meine Großmutter hat für mich das Licht angelassen.“ So beschreibt Roth die Verbindung die sie zu der Großmutter, die sie nie kennengelernt hat, fühlt. Sie hat diese persönliche Notiz zu einem Foto vom Haus der Toten geschrieben.

Roth hat ihr Fotoprojekt über Frauen und Krieg abgeschlossen. Die Ausstellung „One Person Crying“ geht von Berlin aus auf Welttournee.

Autor*in
Birgit Güll

ist Redakteurin, die für den „vorwärts“ über Kultur berichtet.

0 Kommentare
Noch keine Kommentare