Hans Koschnicks Reden sind kurz und gut verständlich. Ihren ursprünglichen Zweck, nämlich den Zuhörer zu erreichen, haben sie bereits erfüllt. Schön, dass sie nun auch ei-nem breiten
Lesepublikum zugänglich sind.
Mensch im Mittelpunkt
Besonders der Beitrag "Cato Bantjes van Beek, Menschlichkeit in dunklen Zeiten" zeigt Koschnicks Hauptanliegen. Der Einsatz für die Mitmenschen auch und speziell in schwierigen Zeiten war es,
den Cato Bantjes van Beek mit dem Leben bezahlte. Mensch-lichkeit ist es, die Hans Koschnick in seinen Reden am Herzen liegt. Und er hat sie vorgelebt: von seiner Initiative bei der
deutsch-polnischen Verständigung über die deutsch-israelische Annäherung bis zur Vermittlerrolle in Mostar als Beauftragter der EU in Bosnien-Herzegowina.
In seinem persönlichen Engagement für die Menschen spiegelt sich eines der Grundprin-zipien der SPD: Politik wird für die Menschen gemacht, nicht für die Wirtschaft, nicht für den Markt, und
auch nicht für die Umwelt. So wichtig diese einzelnen Aspekte sein mögen, in Koschnicks Reden wird klar, dass sie hinter dem primären Anliegen dem Menschen zu dienen, zurückstehen müssen.
Diese sehr konkrete Menschlichkeit macht viele seiner Anliegen gradlinig. Er braucht keine Schnörkel. Dennoch polemisiert der Redner manches Mal, sagt Vorurteilen oder Ratenfängern am rechten
politischen Rand den Kampf an. Koschnicks Bekenntnis zur wehrhaften Demokratie im Inneren wie auch für Militäreinsätze speziell auf dem Balkan - stets unter Berufung auf die Sanktionierung durch
die UNO, zeigt den Realpolitiker, der jahrzehntelang in politischer Verantwortung war: sei es als Oberbürgermeister von Bremen oder als Abgeordneter im Bundestag.
Koschnick hat seine Ideale bewahrt hat. Vielfach appelliert er an seine Zuhörer, Solidarität, Gerechtigkeit, Frieden und Toleranz als das zu sehen, was sie sind: die nicht
selbstverständlichen Grundlagen unserer Existenz. Ein Beispiel für die Verbindung von Ideal und Menschlichkeit ist seine Definition von Solidarität: "Doch Solidarität kann nicht auf Rechtsräume
beschränkt werden, sie sprengt Grenzen und verlangt im Kern vor allem und zuerst Mitgefühl. Empfindungen für die möglicherweise schwierige Situation des Anderen bewirken im normalen Leben
Bereitschaft zum Beistehen - soweit es irgendwie möglich ist."
Europa der Bürger
In der "europäischen Wertegemeinschaft" sieht Koschnick die größte Chance, seine Idea-le zu verwirklichen. Sein Europa ist aber nicht auf die EU begrenzt. Die Osterweiterung, die in seinen
Reden noch in Planung war, hat seine Vision von der "Hoffnung für Osteuropa" und dem Europa bis zum Ural inzwischen ein Stück weit realisiert. Noch wichtiger aber ist ihm ein Europa für die und mit
den Menschen, ein "Europa der Bürger. Damit verdeutlicht er den Anspruch von Teilhabe und aktive Teilnahme, der so charakteristisch für viele führende Sozialdemokraten ist.
Koschnicks Reden geben tiefe Einblicke in das, was den Menschen Hans Koschnick bewegt und antreibt. Dieser persönliche Bezug macht seine Argumente verständlich und ehrlich. Insofern wird
dieses Buch Leser interessieren, die jenseits von medialen Schlagworten an Motivationen für politisches Handeln und politische Überzeugungen interessiert sind. Ein bisschen nostalgische Wehmut
schwingt mit, wenn man Reden liest, die Koschnick so einst von einem Seifenkistchen auf dem Marktplatz an seine Wähler gerich-tet haben könnte. Einfach Schön!
Dr. Thomas Hörber
Ulrike Liebert (Hg.) ¢Zu einem Europa der Bürger¢ Hans Koschnicks politische Reden von 1964 bis 2004, Edition Temmen, Bremen, 2007, ISBN 978-3-86108-587-4
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