Kultur

Es darf kein Gras darüber wachsen

von Dagmar Günther · 10. Juni 2008
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Der Verein Aktives Museum Faschismus und Widerstand e.V. ging 1983 aus einer Bürgerinitiative hervor. Anlässlich des 50. Jahrestages der Machtübernahme der Nationalsozialisten am 30. Januar 1933 hatte diese eine Veranstaltung organisiert. Zu den ersten Aktivitäten des Vereins gehörten Demonstrationen und Aktionen zum Erhalt des ehemaligen Gestapo-Geländes zwischen der Wilhelmstraße und der Prinz-Albrecht-Straße, heute Niederkirchnerstraße.

Bis zu Beginn der 80er Jahre wurde das Terrain überwiegend als Schuttabladeplatz und zum Schwarzfahren genutzt. Nichts deutete darauf hin, dass sich genau dort die Zentralen für SS, Gestapo und Reichsicherheitshauptamt befanden. Das Aktive Museum wollte die Erinnerung bewahren. Bei seinen diesbezüglichen Ausstellungen, Diskussionsrunden und sonstigen Projekten arbeitete es eng mit der Stiftung Topographie des Terrors und anderen Institutionen zusammen.

Ein Museum am authentischen Ort

Schon bald wurde deutlich, dass es neben dem Gestapo-Gelände noch andere Orte in Berlin gibt, an die zu erinnern sich lohnt. So erweiterte sich das Aufgabenfeld des Vereins Aktives Museums schnell. Er machte sich den Erhalt der historischen Orte zur Aufgabe. So möchte der Verein mit seinen Projekten auch zur Aufklärung über den Nationalsozialismus beitragen. Zudem soll auf die verschiedenen Erinnerungskulturen an die NS-Zeit nach 1945 in Ost- und Westdeutschland aufmerksam gemacht werden.

Das Aktive Museum ist kein Museum im herkömmlichen Sinn. Es ist vielmehr ein Museum ohne Museum. Denn dem Verein liegt der authentische Ort am Herzen, an den es zu erinnern gilt. Seit 1990 bemüht sich der Verein auch darum, im Ostteil der Stadt Zeugnisse aus der jüngsten Vergangenheit zu bewahren und Erinnerungszeichen zu setzen. Konkret bedeutet dies das Anbringen von Gedenktafeln oder kommentierenden Ergänzungsschildern bei z.B. Straßennamen, die nach der Wende unbenannt wurden.

Ausstellung und Jubiläum

Einen anderen Schwerpunkt setzt das Aktive Museum beim Aufarbeiten des deutschsprachigen Exils zwischen 1933-1945. Dazu gab es einige erfolgreiche Ausstellungen: 1995 beispielsweise eine Open-Air-Ausstellung am Anhalter Bahnhof "1945: Jetzt wohin? Exil und Rückkehr nach Berlin" oder 2005 im Berliner Rathaus und 2006 im Berliner Abgeordnetenhaus "Vor die Tür gesetzt. Im Nationalsozialismus verfolgte Berliner Stadtverordnete und Magistratsmitglieder". Die jüngste Ausstellung "Ohne zu zögern. Varian Fry: Berlin-Marseille-New York" fand 2007 in der Akademie der Künste statt.

Das 25-jährige Vereins-Jubiläum war Anlass genug, noch einmal der schwierigen Anfangszeit zu gedenken. Was mit vereinzelten Aktionen begann, ist inzwischen eine Plattform für Austausch und Zusammenarbeit geworden. Das Aktive Museum hat zahlreiche ehrenamtliche Mitarbeiter, die stetig für einen regen Austausch mit anderen Organisationen sorgen. Weil Erinnerungskultur nicht staatlich verordnet werden kann und dies nur gesellschaftsübergreifend möglich ist, möchte der Verein die Berliner Bevölkerung für die historischen Orte in ihrer Stadt und deren Erinnerungswert sensibilisieren.

Edda Neumann

Autor*in
Dagmar Günther

war bis Juni 2022 Chefin vom Dienst des vorwärts.

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