Nur selten können die Besucherinnen aufatmen, gar lächeln, stolz sein auf die religiöse Gegenwart und Vergangenheit und ihre Rolle darin. Meist sind die Bilder, Installationen oder Videos der rund 90 Künstlerinnen drastisch, bitter und zeigen die Entwertung von Frauen in den Religionen der Welt und die politische Instrumentalisierung von Religion zum Nachteil der Frauen durch rund 2000 Jahre Geschichte.
Manches scheint für die weibliche Hälfte der Bevölkerung in längst vergangenen Epochen einfacher gewesen zu sein. So war Bonn zur Römerzeit Zentrum des Matronenkults. 36 Altäre standen an dem Platz, an dem sich nun das Bonner Münster erhebt. Nebeneinander existierten römische und ubisch-germanische Göttinnen. Bis 365 nach Christus durften Frauen predigen, danach galten sie als „unrein“ und deshalb „kultunfähig“. Viel geändert hat sich seither nichts, und das macht die Künstlerin Cornelia Enax mit ihrem utopischen Porträt einer hochschwangeren Päpstin und dem Text „Habemus mamam“ deutlich.
Es geht auch anders, respektvoller, moderner. So hat das Jüdische Museum Berlin unter dem Titel „Fräulein Rabbiner Jonas“ die Lebensgeschichte der ersten Berliner Rabbinerin zugeliefert. Doch sie endet bitter: in Auschwitz.
Was sich wohl vielen Besucherinnen ins Gedächtnis brennen wird, ist eine Installation der iranischen Künstlerin Homa Emami: Es ist eine fragile Installation aus Holz, von der man glaubt, sie müsse jeden Moment zusammenstürzen. In diesem Gerüst schweben wie Fetzen Papier Fotos: Es sind Bilder von Steinigungen. „120 mm Stone“ hat sie die Arbeit genannt und zwar deshalb, weil das der vorgeschriebene Durchmesser der Steine ist. Größer dürfen sie nicht sein, die Opfer sollen möglichst lange leiden.
Hoch emotionale Objekte
Selbst bei Objekten, die friedlich wirken, wohltuend für Augen und Seele, schleicht sich rasch Bitterkeit ein. Die deutsch-indische Künstlerin Lavanya Boesten zeigt eine wunderschöne, anmutige Inderin tanzend in deutscher Landschaft. Als Brückenschlag zwischen Hinduismus und Christentum ist das Werk gedacht. Doch auch hier schiebt sich die Realität vor die schönen Bilder, denn selbst die durchschnittliche Zeitungsleserin weiß, dass zwischen Religion und Alltag auch im Hinduismus eine riesige Kluft besteht: Die Göttinnen werden verehrt, die Frauen in ihrem Alltag dagegen verachtet, vergewaltigt, geschlagen, sind Besitztum ihrer Ehemänner.
Auch beim Thema christliche Religionen denken Frauen wohl eher an die Hexenverfolgung als an selbstbewusste Vertreterinnen wie Katharina von Bora, die Ehefrau von Martin Luther, die Nonne war, bis sie den Reformator kennenlernte.
Es ist fast zu viel, was diese Ausstellung bietet und so manches schlittert auch am Kitsch entlang. So war es ein kluger Schachzug der Kuratorin und Direktorin des Museums, Marianne Pitzen, als Binnenausstellung der Stiftung Weltethos von Hans Küng ordnende Informationen unter dem Titel „Weltreligionen-Weltfrieden-Weltethos“ aufzunehmen. Das ist die notwendige sachliche Ergänzung zu den in Teilen hoch emotionalen Objekten.
Zur Ausstellung, die bis zum 10. November zu sehen ist, gibt es ein üppiges Rahmenprogramm. Schirmherrin ist die Theologieprofessorin Uta Ranke-Heinemann, Tochter des früheren SPD-Bundespräsidenten Gustav Heinemann. Gewohnt provokant lautete der Titel ihrer Rede zur Eröffnung: „Warum Vatikan und nicht Muttikan?“
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(† 2023) war freie Journalistin in Bonn und Erhard-Eppler-Biografin.