Ein ganzer "Berg von Revolutionspflichten" war eben wichtiger als die Familie - zum Beispiel "für die Partei Bücher herauszugeben, Artikel zu schreiben, Vorträge zu halten, politische Seminare zu geben, Büchertische zu betreuen und an Demonstrationen, Kundgebungen, Versammlungen, Konferenzen, Streikpostenketten etc. teilzunehmen."
"Skateboards für alle"
Der 1968 in New York geborene Autor hat einen sehr kurzweiligen autobiographischen Roman geschrieben: Ohne jede Larmoyanz kontrastiert er darin die Beschreibung einer entbehrungsreichen
Kindheit mit den wolkigen Heilsversprechen seiner Eltern: Denn die vom Vater so leidenschaftlich unterstützte Revolution dient ihnen auch als Rechtfertigung für Mahmouds Abwesenheit. Wenn sie
erst einmal vorbei ist, so erklären sie Saïd, wird er selbstverständlich zu Frau und Kindern zurückkommen. Und es wird Skateboards für alle geben. Mag es der Familie auch noch so schlecht gehen -
für Saïd hat es immer "etwas ungeheuer Erlösendes und Aufregendes, daran zu glauben, dass mein Vater nicht bloß ein Mann war, der mich verlassen hatte, sondern ein hochgesinnter Abenteurer, der
keine andere Wahl hatte, als mich zu verlassen (...)."
Eigentlich erzählt Sayrafiezadeh also eine sehr traurige Geschichte: Es geht um seine eigene, von Armut und Bitterkeit geprägte Adoleszenz in den 70er und 80er Jahren. Seinen Eltern zuliebe
setzte er damals alles daran, ein guter kleiner Revolutionär zu sein. Und seine Mutter blieb mit einem ideologisch verblendeten Mann verheiratet, den sie nie sah - nur damit er legal in den USA
leben konnte. Sayrafiezadeh zeichnet das einnehmende Bild einer ungewöhnlichen New Yorker Familie, in der die kommunistische Hoffnung auf eine gerechtere Zukunft kurzerhand zu einem trostreichen
Familien-Mythos umfunktioniert wird. Und Saïds Vorfreude auf die Skateboards ist ungemein ansteckend.
Saïd Sayrafiezadeh: "Eis essen mit Che. Aus dem Amerikanischen von Bettina Abarbanell", Aufbau-Verlag, 270 Seiten, 19,95 Euro, ISBN 978-3-351-03298-2