"Viel zu früh", wehrte Matthias Platzeck ab, als die Potsdamer Journalisten Michael Mara und Thorsten Metzner bei ihm Stoff für eine Biografie sammelten. "Ich will das eigentlich nicht",
zierte er sich, gab dann aber, als die beiden hartnäckig blieben, doch bereitwillig Auskunft.
Als sie "trotz seiner knappen Zeit ... intensive Gespräche" führten, konnten sie nicht ahnen, dass es tatsächlich zu früh war. Abgesehen davon, dass es ohnehin ein Wagnis war, die Biografie
eines 52-Jährigen zu schreiben, lebte sie davon, dass Platzeck überraschend SPD-Vorsitzender wurde. Nun ist dieser Kaufanreiz leider entfallen. Denn es ist ein erstaunlich gutes Buch, das
Aufmerksamkeit gefunden und verdient hätte. Erstaunlich, weil es kompakt und flott den Lebenslauf eines Menschen schildert, der spät in die Politik kam und dem in wahnwitziger Geschwindigkeit
höchste Ämter zufielen. Gut, weil es dem Autoren-Duo gelang, Matthias Platzeck mit einer eingestandenen "gewissen Grundsympathie" zu beschreiben, ohne ihn abstandslos zu bejubeln, sondern auch mit
dezenten kritischen Untertönen.
Nachdem Platzeck nach nur 146 Tagen als SPD-Vorsitzender zurückgetreten ist, liest sich manches anders, als wenn er es noch wäre und viele Jahre in diesem Amt vor sich hätte. Etliche
Passagen, die sonst als eher nebensächlich überlesen worden wären, gewinnen plötzlich Gewicht. Zum Beispiel: "Im März 1999 ... muss er für einige Tage aussetzen, der Kreislauf streikt. Kaum wieder
gesund, hetzt Platzeck weiter." Von "Doppelbelastung" ist die Rede und "Tanz auf zu vielen Hochzeiten". Oder: "Er ... konnte nicht Nein sagen, was ihm gelegentlich passiert." Oder ein Zitat von
2004: "Wir müssen in den nächsten fünf Jahren ackern, ackern, ackern - sieben Tage die Woche von morgens bis spät abends. Wir müssen schonungslos zu uns selbst sein." Und noch eine Stelle: "Er will
... zur Kur fahren, weil er ziemlich fertig ist." Mara/Metzner haben die "Geschwindigkeit seines Arbeitsalltags" bemerkt: "Platzeck hat es immer eilig. Tempo, Tempo, keine Zeit verschwenden, das
nächste Problem. ... Er geht nicht, er lebt im Laufschritt ... ein intensiver, belastender Lebensrhytmus." Ab und zu müsse er "pausieren ... danach startet er wieder durch".
Wer all das jetzt liest, erkennt, was Platzeck sich zugemutet hat und findet einen Schlüssel für einen freiwilligen, der Gesundheit geschuldeten Rückzug. Denn Platzecks Leben seit Wende und
Vereinigung führte steil aufwärts. Zu steil? Die beiden Autoren, als Brandenburg-Korrespondenten des "Tagesspiegel" jahrelang Begleiter Platzecks, stellen ihn als durch und durch geradlinigen,
aufrechten, glaubwürdigen und gewinnenden Menschen vor. Sie legen aber auch den Schluss nahe, dass Nachdenklichkeit und Zögern, sein Hang zum Moderieren und zur behutsamen Lenkung ihn womöglich
stärker beschwert und gehemmt haben als äußerlich sichtbar.
Michael Mara, Thorsten Metzner: Matthias Platzeck. Die Biografie, Diederichs im Verlag Hugendubel, München 2006, 256 Seiten, 19,95 Euro, ISBN 3-7205-2780-8
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