Kultur

Ein Buch für die sieben Enkel

von Bettina Munimus · 8. Oktober 2010
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Peter Struck hat sich zum Abschied aus dem Bundestag selbst den Mund verboten: Ein Jahr wollte er sich nicht zu den aktuellen Fragen in der Politik äußern. Das muss ihm schwer gefallen sein. Als ehemaliger Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion und Verteidigungsminister ist er bekannt für seine markanten und ehrlichen Worte. Und weil er sagt, was er denkt, und das tut, was er sagt, hat er bisher zu den Ideen seines Nachfolgers Karl Theodor zu Guttenberg geschwiegen.

Das ist nun aber vorbei. Der 67-jährige Struck hat ein Buch mit dem kernigen Titel "So läuft das. Politik mit Ecken und Kanten" geschrieben, in dem er auf fast dreißig Jahre in der Politik zurückschaut. Sympathisch offen reflektiert er am vorwärts-Stand im Gespräch mit dem Journalisten Jörg Hafkemeyer seine Zeit als Verteidigungsminister und wie er als Chef der Fraktion, zuerst in Zeiten der rot-grünen und später der schwarz-roten Bundesregierung die SPD-Abgeordneten auf Linie halten musste.

Ein Plädoyer für die Wehrpflicht

Doch auch zu aktuellen Fragen äußert sich Struck knurrig-launig, wie man ihn kennt. Von zu Guttenbergs Vorschlägen, die Wehrpflicht abzuschaffen, hält er nichts: "Wir brauchen die Wehrpflicht mit gut ausgebildeten Leuten." Die Soldaten der Berufsarmeen in den USA und in Großbritannien seien oft nur schlecht ausgebildet, was sich wiederum auf ihren Einsatz auswirke. Das ist in Deutschland anders. Den jungen Männern und Frauen im Publikum empfiehlt Struck sogar ein Studium bei der Bundeswehr: "Das ist die beste Ausbildung, die man bekommen kann."

Kritisch geht er auch auf den Einsatz in Afghanistan ein und gibt zu: "Klar dachten wir 2001, dass wir nach spätestens zwei, drei Jahren dort wieder draußen sind. Aber man kann nicht einfach von einem auf den anderen Tag alles abziehen."

Und auch für seine Partei hat Struck, der Politikrentner, noch einen Rat im Gepäck. Die SPD dürfe sich nicht scheuen, unbequeme Dinge auszusprechen, appelliert Struck. Und sie müsse ihren Markenkern "soziale Gerechtigkeit" zurückgewinnen. Struck ist 1964 in die SPD eingetreten und wird - wie er sagt - die Partei mit ins Grab nehmen, im Gegensatz zu etwa Wolfgang Clement.

Politiker sind auch nur Menschen

Den Kurs von SPD-Chef Sigmar Gabriel begrüßt Peter Struck ausdrücklich. Mit den "Zukunftswerkstätten" gehe er den richtigen Weg. Die Partei muss sich ändern, um attraktiv zu sein für junge Leute, ist Struck sicher. Und es sei klar, dass heute Hinterzimmertreffen in verrauchten Kneipen kaum mehr jemanden hinter dem Ofen hervor holen. "Zu meiner Zeit galt das noch als Parteiarbeit."

Peter Struck hat sein Buch für seine sieben Enkel geschrieben, um ihnen Politik zu erklären und zu zeigen, dass Politiker auch nur Menschen sind. Er wünsche sich mit Blick auf seine eigenen Erfahrungen mehr Respekt für diejenigen, die sich aktiv für das Gemeinwesen engagieren. Denn davon brauche Deutschland mehr.

Sein Abschied aus der Politik sei traurig gewesen. Das gibt Peter Struck offen zu. Aber im Ruhestand hat das "political animal" nun die Zeit zum Motorrad fahren und für Ferien mit seiner Großfamilie. Unter Entzugserscheinungen von der Politik leidet er nicht. Er sucht schon nach neuen Projekten.

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