Die eingefallenen Ärsche und Hängebauche zu Bluejeans kommen bei Hellmuth Karasek einfach zu oft vor, ebenso wie die Verweise auf Billy Wilder. Zugegeben, einige Passagen sind provokativ
amüsant, wie der Vergleich zwischen Ehrungen und Hämorriden "die früher oder später jedes Arschloch bekommt." Dennoch, mit einem sarkastischen Augenzwinkern die Schärfe aus den demographischen
Fragen zu nehmen gelingt nicht, weil man über Themen wie Sterbehilfe, Pflegeversicherung und Vereinsamung eben nicht mit einem Lächeln hinweggehen kann. Und mehr bietet Karasek leider nicht an.
Schade, denn dieses Buch ist auf ein breites Publikum angelegt und wird wohl auch überdurchschnittlich viele Menschen erreichen.
Schade deshalb, weil die Chance, ein brennendes gesellschaftliches Thema einmal locker anzupacken, vertan wird. Damit wird dieses Buch nach dem das Lachen über die Anekdoten verklungen ist,
vergessen werden.
Nochmals schade, weil Karasek auch für die Jugend von Heute und die Rentner von Morgen nichts weiter vorzuschlagen hat, als sich fürs Alter neue Betätigungsfelder zu überlegen - genau so
unkonkret und unbefriedigend bleibt es. Nichts von Individualismuskritik, Jugendwahn oder wenigstens ein feuriges Plädoyer für Sex, Drugs und Rock n' Roll. Dieses Buch bringt es nicht einmal auf
ein 68er Rückzugsgefecht, sondern ist wieder diese schwabbelige Chimäre der alternden Jungrevolutionäre die keine Opposition zulässt, weil nichts mehr da ist oder alles OK ist.
Generation X hießen die Nachfolger die sich so sehr nach Widerstand sehnten, aus dem vielleicht etwas Neues entsteht. Aber auch davon ist in diesem Buch nichts zu finden. Die heute junge
Generation X² tut sich da etwas leichter, aber viel Hoffnung, dass von den so langsam ins Rentenalter Abtretenden mehr als ein müdes Lächeln zur Lösung demographischer Fragestellungen in unserer
Gesellschaft kommt, macht dieses Buch nicht. Wiederum schade.
Thomas Hoerber
Hellmuth Karasek: Süßer Vogel Jugend oder Der Abend wirft längere Schatten, Hoffmann und Campe, Hamburg, 2006, 18, 95 Euro, 271 Seiten, ISBN 3-455-40016-7
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