Fraktionsvorsitzende beider großen Volksparteien aus acht Kommunen, in denen auch NPD oder Republikaner im Parlament präsent sind, wurden für die Studie "Politische Strategien gegen die
extreme Rechte in Parlamenten. Folgen für kommunale Politik und lokale Demokratie" befragt. Am Beispiel von Ehringshausen und Wölfersheim in Mittelhessen, Ludwigshafen und Pirmasens in der Pfalz,
Königstein und Sebnitz in der Sächsischen Schweiz sowie Stralsund und Anklam in Vorpommern stellen die Macher der Studie, Prof. Dr. Benno Hafeneger und Dr. Sven Schönfelder, dar, wie die
Anwesenheit einer rechtextremen Fraktion die Politik vor Ort verändert hat, welche Strategien im Umgang mit Rechtsextremismus entwickelt wurden und wie sich diese in der Praxis bewährt haben.
Strategievielfalt der Rechten
Ebenso unterschiedlich wie die Bedingungen in den Kommunen seien auch die Verhaltensweisen der extremen Rechten vor Ort, waren sich Hafeneger und Schönfelder mit ihren Mitdiskutanten auf dem
Podium bei der Vorstellung der Studie in der Berliner Friedrich-Ebert-Stiftung am 6. Dezember 2007 einig. NPD und Republikaner nutzten das Parlament sowohl als Bühne zur politischen
Selbstinszenierung und als Gelegenheit, sich in populistischer Manier als "Anwalt der kleinen Leute" zu präsentieren, als auch zur sach- und kommunalpolitisch orientierten Arbeit.
Dies wusste auch Oliver Igel, Fraktionsvorsitzender der SPD in Berlin Treptow-Köpenick, zu berichten: Was mache man beispielsweise, wenn die NPD einen Antrag der eigenen Partei vollmundig
lobe? Und auch der Umgang mit zunächst harmlos erscheinenden Vorschlägen der NPD sei schwierig, wie Igel am Beispiel eines Antrags zur Vermeidung von Anglizismen im Kommunalparlament erklärte: Die
Absicht der NPD, den anderen Parteien den sprachlichen Umgang auf politischer Ebene in diktatorischer Art und Weise vorzuschreiben, könne man ja erst auf den zweiten Blick erkennen. Mit Hinweisen
auf Anglizismen im Wahlprogramm der NPD habe man aber die Unglaubwürdigkeit und die eigentliche Zielsetzung dieses Antrages erfolgreich entlarven können.
Der Kampf gegen Rechtsextremismus sei gerade in Ostdeutschland angesichts einer oft schlechten Zusammenarbeit von Verwaltung und Parteien sowie eines Mangels an zivilgesellschaftlichen
Engagement ein schwieriges Unterfangen, bestätigte Dierk Borstel vom Zentrum für demokratische Kultur Berlin für das Beispiel seines Wohnortes Anklam die Ergebnisse der Studie: Die NPD leiste hier
eine viel intensivere Jugend- und Basisarbeit als die personell dünn besetzten demokratischen Parteien und habe bereits eine Art Angstkultur geschaffen, in der eine offene Diskussion zum Thema
Rechtsextremismus kaum möglich sei.
Aufklärung und Isolation als Gegenstrategien
Anders als die in der Studie befragten Kommunalpolitiker, die vorrangig auf Ignoranz und Ausgrenzung der Rechtsextremen setzten, plädierten die Podiumsteilnehmer stärker für eine wohldosierte
inhaltliche Auseinandersetzung mit NPD und Republikanern, um deren inhaltliche Schwächen aufzudecken.
Zu ähnlichen Schlüssen kommen auch Hafeneger und Schönfelder in ihrer Studie: Sie empfehlen neben der Isolierung und Demaskierung der Rechten im Parlament vor allem politische
Aufklärungsarbeit, ein transparentes Verwaltungshandeln und das Anbieten politischer Alternativen. Im Kampf gegen Rechtsextremismus müsse man je nach Verhalten der Rechten unterschiedliche
Strategien entwickeln. Dabei sei die vorgelegte Studie für die betrachteten Kommunen ein erster hilfreicher Schritt, dem aber noch weitere folgen müssten.
Tobias Quast
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