Kultur

Die Welt ist klein geworden für ihn

von Die Redaktion · 31. Oktober 2007

Claus Kleber, Moderator des ZDF "heute journals", ist einer der vielen Bewunderer von Peter Scholl-Latour. "Natürlich bin ich mit Vergnügen nach Berlin gekommen", lautete demgemäß seine Begrüßung als Moderator dieses Abends. Das Faszinierende an Scholl-Latours Büchern sei für ihn, dass jener "immer weiter in die Richtung gegangen ist, aus der die Fliehenden kamen". Scholl-Latour bereist seit 60 Jahren die Welt, mal als Auslandskorrespondent, mal als Kriegsberichterstatter. Bis auf ein paar Eilande im Pazifik und Osttimor hat er die ganze Welt gesehen. Die Welt sei langsam zu klein für ihn geworden, so Kleber.

Bei seinem neuen Buch handele es sich nicht um eine Biografie, so der Autor "Es ging mir darum, meine Erfahrungen und Erkenntnisse der globalen Zusammenhänge in Politik und Strategie, die ich in einer Lebensspanne von mehr als 60 Jahren und fast ununterbrochener Reisetätigkeit gesammelt habe, summarisch zu erfassen."

Herausgekommen ist ein zwar amüsant geschriebenes Buch, doch es bleiben letztlich die Erlebnisse eines alten Mannes. Auf knapp 400 Seiten spricht er in gewohnt pessimistischer Weise über die Politik und Gesellschaft Amerikas, Kriege im Nahen und Fernen Osten, den Niedergang der europäischen Kolonialreiche und die Zukunft Europas.

Mit einem Diplom in Arabistik und Islamkunde zeichnet sich Scholl-Latour unter anderem als Islamkenner aus. Kleber wollte wissen, ob der "homegrown" Islam, den man im Moment überall erleben könne, nicht die ungeheure Gewaltpotenz dieser Ideologie zeigen würde. Eine Antwort darauf gab es bei der Buchvorstellung - wie auch auf viele andere Fragen - leider nicht. Aber in seinem Buch widmet Scholl-Latour ein ganzes Kapitel dem "Heiligen Krieg in Herrensohr" und dem von dort stammenden deutschen Konvertiten Daniel S. Natürlich hat Scholl-Latour selbst schon einmal in Herrensohr gelebt, nämlich als er Redakteur bei der "Saarbrücker Zeitung". Deshalb weiß er auch so gut Bescheid. Er beschäftigt sich also mit der Frage, was den jungen Daniel S. dazu bewegt hat, im Islam Gewissheit zu suchen. Seine Antwort: "In Wirklichkeit wohl war es krampfhafter Vermessenheit, einem fanatischen und unentschuldbaren Geltungswahn zuzuschreiben, dass Daniel S. sich in die Rotte von Mördern einreihte, um einen Islamischen Gottesstaat herbeizubomben." Gut, dass Scholl-Latour das weiß.

Ob er uns denn bei all dem Pessimismus noch ein Stück Hoffnung für die Welt geben könne, wollte Kleber am Ende wissen. Scholl-Latour antwortete mit dem französischen Denker Paul Valèry: "Im Abgrund der Geschichte ist Platz für alle!" Dem ist nichts hinzuzufügen.

Mamke Kühl

Scholl-Latour, Peter: Zwischen den Fronten. Propyläen Verlag, Berlin 2007. 363 S., € 24,90, ISBN 978-3-549-07332-2

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