Kultur

Die Welt im Fokus

von Birgit Güll · 13. Juni 2014

Er ist der größte und renommierteste Wettbewerb für Pressefotografie: der World Press Photo Award. Zum 57. Mal kürte eine Jury 2014 die bedeutendsten Pressebilder des Jahres. 130 Arbeiten sind im Berliner Willy-Brandt-Haus zu sehen, darunter das Siegerfoto von John Stanmeyer.

Der Mond erhellt einen Strand in Dschibuti an dem mehrere Männer ihre Handys hoch in die Luft halten. Die Displays der Mobiltelefone leuchten hell. Die Männer sind Flüchtlinge, sie versuchen ein günstiges Signal aus dem benachbarten Somalia aufzufangen – eine Verbindung zu Verwandten. Dschibuti ist ein Anlaufpunkt vieler Migrantinnen und Migranten auf ihrem Weg nach Europa. Was das diesjährige Siegerfoto des US-amerikanischen Fotografen John Stanmeyer auf ungewöhnliche Weise sichtbar macht, ist die Flüchtlingskatastrophe vor den Toren Europas.

World Press

Flüchtlingen nicht mit Drohnen und Stacheldraht begegnen

SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi betonte bei der Ausstellungseröffnung am Donnerstag, dass die Tausenden, die die gefährliche Flucht nach Europa wagten, einen Traum von einem besseren Leben haben. „Diesem Traum dürfen wir nicht mit Mauern, Drohnen und Stacheldraht begegnen“, sagt sie. Es gelte politische Verantwortung zu übernehmen: „Europa ist eine Wertegemeinschaft, das dürfen wir auch an unseren Außengrenzen nicht vergessen“.

Die Generalsekretärin erklärte: „Wir haben genügend Ressourcen, um einen wesentlich größeren Beitrag zu leisten, statt unsere Verantwortung auf andere abzuwälzen.“ Am gestrigen Donnerstag haben die Innenminister von Bund und Ländern sich darauf geeinigt, 10.000 zusätzliche Flüchtlinge aus Syrien aufzunehmen. Millionen Menschen sind auf der Flucht vor dem syrischen Bürgerkrieg.

Stumme Geschichten

„Die Fotografien unterrichten uns über die Lage in der Welt“, sagte Erik De Kruijf von der World Press Photo Foundation, die den Preis vergibt, Donnerstagabend im Willy-Brandt-Haus. Die stummen Geschichten, die die Bilder erzählen, handeln nicht immer von Krieg und Gewalt. Auch in den Rubriken Sportfotografie, Porträt oder Naturfotografie werden Preise vergeben. Und doch sind die Bilder von Notlagen jene, die am meisten aufwühlen.

Die in Bangladesch geborene Fotografin Taslima Akhter hat die 2013 eingestützte Textilfabrik Rana Plaza in Bangladesch fotografiert. Eines ihrer Bild zeigt zwei der Toten, verschlungen in einer Umarmung. Bei dem Unglück starben mehr als 1.100 Menschen für unsere billige Kleidung. Die US-amerikanische Fotografin Sara Lewkowicz zeigt häusliche Gewalt. Der mexikanische Fotograf Christopher Vanegas hat Polizisten fotografiert, die fünf weiß verhüllte Leichen finden – Opfer der Drogenkriege in Mexiko, dem seit 2006 etwa 60.000 Menschen zum Opfer gefallen sind.

Einen ganz anderen Ausschnitt unserer Welt zeigt die Bilderserie „Ich bin Waldviertel“: Die sieben- und neunjährigen Schwestern Hannah und Alena sind zwei von 170 Einwohnern des österreichischen Ortes Merkenbrechts. Die Fotografien von Carla Kogelman hat die beiden Mädchen beim Spielen und Toben in der idyllischen Landschaft nahe der tschechischen Grenze fotografier. Kindheitsidylle statt Kriegsgefahr, auch sie machen die World Press Photos sichtbar. Auf der Website von World Press Photo sind die Bilder auch zu sehen.

Ausstellung bis 3. Juli

Willy-Brandt-Haus Berlin, Stresemannstraße 30, 10963 Berlin

Dienstag bis Sonntag 12 bis 20 Uhr, Eintritt frei, Ausweis erforderlich

Autor*in
Birgit Güll

ist Redakteurin, die für den „vorwärts“ über Kultur berichtet.

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