Junge Libanesen fahren im roten Cabrio durch einen völlig zerstörten Stadtteil von Beirut. Sie betrachten die Schuttberge, eine Mitfahrerin macht ein Bild mit dem Handy. Das ist das
Pressefoto des Jahres, aufgenommen von Spencer Platt, im August 2006. Was auf den ersten Blick wie zynischer Kriegstourismus aussieht, sind in Wirklichkeit Jugendliche, die rechtzeitig aus ihrem
Heimatbezirk fliehen konnten. Aus dem Auto begutachten sie das Ausmaß der Zerstörung. Diese Hintergrundgeschichte erzählte Hans-Ulrich Jörges, stellvertretender Chefredakteur des "stern".
Badeurlaub am Strand von Teneriffa: Geschockte Touristen helfen Flüchtlingen aus Afrika. Mit letzter Kraft scheinen sich die Flüchtlinge an den Strand gerettet zu haben - das Ende ihrer
verzweifelten Flucht. Die Touristen bieten den halb Verhungerten Wasser an, und wärmen sie mit Ihren Badetüchern.
Eine Garderobe: Drei Frauen haben sich zurechtgemacht, geschminkt und gekleidet. Sie tragen enge Tanzkostüme mit Tutu, Ketten und Spitzen. Eine in weiß, eine in rot, eine in schwarz, scheinen
die drei auf ihren großen Auftritt zu warten. Es ist fast ein wenig Nervosität zu spüren. Sie sind um die Sechzig - und nehmen an einem Seniorinnenwettbewerb teil.
Jedes der Bilder in der Ausstellung erzählt eine Geschichte. Viele sind grausam, berichten von Tod, Krieg und Verzweiflung. Andere sind heiter und fröhlich. "Ein gutes Pressefoto muss
historisch sein", so Micha Bruinvels, von "World Press Photo". Es müsse ein Ereignis festhalten, das Tun von Menschen dokumentieren. Weil das nur möglich ist, wenn Pressefreiheit nicht
eingeschränkt ist, engagiert sich "World Press Photo" weltweit für eine freie Presse.
4 460 Fotografen aus 124 Ländern bewarben sich in diesem Jahr um die begehrte Auszeichnung. Eine international besetzte Jury hat aus den 78 083 eingereichten Fotos 178 ausgewählt. 60
Fotografen aus 23 Ländern wurden ausgezeichnet - in zehn Kategorien. Die preisgekrönten Pressefotos sind bis 24. Juni im Willy-Brandt-Haus Berlin zu sehen.
"Im Betrachter muss ein gutes Pressefoto ein Gefühl hervorrufen und dabei eine ästhetische Komponente haben", unterstrich Micha Bruinvels. Genau solche Bilder sind in der Ausstellung "World
Press Photo 2007" zu sehen.
Birgit Güll
www.willy-brandt-haus.de
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