Kultur

Die Kultur und die Quote

von Die Redaktion · 2. Mai 2007
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Das Angebot verändert sich rasant: Es gibt immer mehr, immer schnelleres und immer billigeres Fernsehen - und zwar überall. Das Internet hat Schleusen geöffnet: neue Sender nutzen neue Plattformen, und der Nutzer holt sich aus dem durchgehend verfügbaren Angebot, was er will. Brauchen wir das Fernsehen noch als Instrument der Kulturvermittlung?

Thomas Bellut, der Programmdirektor des ZDF und sein Kollege Hans-Günther Brüske, der SR-Programmdirektor, diskutierten mit der Fernsehfilm-Produzentin Cooky Ziesche, Thomas Schadt, dem künstlerischen Direktor der Filmakademie Baden-Württemberg, Dietrich Leder, Professor an der Kunsthochschule für Medien Köln und mit dem Hausherrn, dem Präsidenten der Berliner Akademie der Künste, Klaus Staeck. Uwe Kammann, Geschäftsführer des Grimme-Instituts leitete die Diskussion.

Es gebe neue Herausforderungen für das Fernsehen, das nicht länger bestimme, was wir sehen, betonte Klaus Staeck. Der Seher suche jetzt aktiv nach interessanten Programmen, erklärte Dietrich Leder, und ist sicher, dass es trotz massenhaftem Angebot "neue Qualitäten" geben werde.

Während die Vertreter der Wissenschaft die Chancen, die der technische Wandel bringt betrachten, sieht sich der ZDF-Programmdirektor den technischen Umwälzungen bereits gewachsen: Für ein jüngeres Publikum seien einige Sendungen auch im Internet verfügbar. Außerdem setze er weiterhin auf das Informationsangebot. Cooky Ziesche sieht mehr Handlungsbedarf für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Die jungen Leute seien die Zukunft - und sie nutzen das mediale Angebot völlig anders. Sie rief dazu auf, sich auf die neuen Gegebenheiten einzustellen, und sie mit entsprechendem Inhalt zu füllen. Es seien völlig neue Wege nötig, um die Aufmerksamkeit des Zuschauers zu gewinnen, erklärte Thomas Schadt.

Ziesche sieht für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk eine Chance, den revolutionären technischen Fortschritt mitzugehen, ohne die Kernkompetenzen Informationshoheit und Meinungsbildung aufzugeben. Die ARD habe inzwischen drei rein digitale Programme, lobte sie. Extreme Vielfalt müsse man bieten, um den Kulturauftrag durchzusetzen, so die Produzentin.



Dem Programmdirektor des ZDF scheint es zu reichen, dass er, wie er betonte, keine Anpassungsstrategie an die kommerziellen Sender mehr sehe. Auch die Kultur sei seiner Meinung nach gut aufgestellt. Er werde "alles versuchen, um die Masse zu halten." Eliten-Fernsehen wolle er nicht, das könne man sich auch nicht leisten, so Bellut. Dietrich Leder warnte davor, nur die Quote im Kopf zu haben. Schließlich müsse es auch darum gehen, wie bewusst der Zuschauer das Programm wahrnehme. Ein neues öffentlich-rechtliches Selbstbewusstsein sei nötig. Vermutlich wird man die Chance sonst verschlafen.

Birgit Güll

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