Kultur

Die Kultivierte Marktwirtschaft

von Ulf Lindner · 21. Januar 2009
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Das vorliegende Buch beginnt mit der Betrachtung des Staates, der eben nicht als "Nachwächter" zu sehen sei. Vielmehr gehe es darum aktiv wirtschaftliche Prozesse zu flankieren. Staatliche Intervention sei eben nicht per se falsch, wenn Sie intelligent geschehe. Besonderes Augenmerk wird ebenso der Regulierung der Finanzmärkte beigemessen. Eine, wie die letzten Wochen zeigten, mehr als vorausahnende Sicht. Auch in die Bildung müsse mehr investiert werden. Dem gegenüber kritisiert Breit aber auch maßlose Subventionspolitik und Überregulierung der Märkte.

Menschlichkeit erfolgreich
Entscheidend für den Erfolg einer Volkswirtschaft seien jedoch die Unternehmen selbst. Unsinnig sei es die Debatte hierbei auf die Lohnfrage einzuengen. Deutschland könne und sollte nicht mit Schwellenländern konkurrieren, sondern sich auf die eigenen Stärken berufen und diese nutzen. Mahnende Worte richtet Breit dabei an die Entscheiderebene der Wirtschaft. Eine Verlagerung der Entwicklung ins Ausland könne mehr Kosten verursachen als einsparen.
Ein erfolgreiches Unternehmen zeichne sich eben durch kontinuierliche Förderung seiner Mitarbeiter aus. Nur so könnten diese motiviert ihr volles Leistungs- wie auch Innovationspotential erreichen. Es gelte daher, die Unternehmensstrategie im Hinblick auf Firmenimage, Kundenservice aber auch interne Kommunikation und Effizienz kritisch zu überprüfen.
Veranschaulicht wird dies mit dem Vergleich der Drogerieketten Schlecker und DM. So sei DM-Geschäftsführer Götz Werner mit seinem steten Bemühen seinem Unternehmen ein betont menschliches Antlitz zu geben, wirtschaftlich viel erfolgreicher als die Konkurrenz. Deren allein auf Kostensenkung ausgelegtes Konzept sei demgegenüber klar gescheitert.

Kaufstarker Binnenmarkt nötig
Das vorliegende Buch ist ein ambitionierter Ansatz, die in der Öffentlichkeit allzu stark verengte Debatte um wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitsmarkt zu erweitern. Die Lohnkosten sind eben weder der einzige doch der entscheidende Faktor für eine erfolgreiche Wirtschaft. Zu Recht verweist Breit auf die zentrale Bedeutung eines kaufstarken Binnenmarktes, der durch überzogene Lohnzurückhaltung der letzten Jahre keineswegs gefördert wurde. Wie teuer uns jene Fixierung auf den Weltmarkt im Strudel einer internationalen Rezessionsstimmung noch kommen wird, bleibt mit Sorge abzuwarten.
Doch ungeachtet der zahlreichen überzeugenden Argumente und Anregungen des Autors kann das Buch nicht in Gänze überzeugen. So fällt auf, dass die Aussagen vielfach zu plakativ erscheinen. Statements a la "Während Markenmanager in der Regel in der Champions-League spielen, bewegen sich ihre Vorgesetzten oftmals auf Amateurliga-Niveau" (S. 162) wirken befremdlich.
Doch auch inhaltlich ergeben sich Fragezeichen. So findet Lohndumping eben nicht auf der Ebene von Ingenieuren und Entwicklern statt, deren Gehälter in den letzten Jahren erheblich gestiegen sind. Auch sind deren Jobs keineswegs bedroht durch die Verlegung in Schwellenländer angesichts des stets betonten Fachkräftemangels in Deutschland. Verlierer der letzten Jahre sind die ungelernten Arbeiter in der Produktion, deren Arbeitsplätze durch Maschineneinsatz und Produktionsverlagerungen unwiederbringlich verschwunden sind. Die in Deutschland aufreißende soziale Schere im Lohngefälle bleibt unbesprochen.
Insgesamt erscheint das Buch zudem nur unvollständig lektoriert. Vielfach werden Argumente an unterschiedlichen Stellen des Buches wiederholt. Ein weiterer Hinweis darauf ist das uneinheitliche Literaturverzeichnis.


Ulf Lindner


Horst Breit: Die Kultivierte Marktwirtschaft, Strategien gegen die Billiglohndebatte, Books on Demand GmbH, Norderstedt, geb., 164 Seiten, 19,90 €. ISBN: 978-3-8334-7513-9



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