Aus Oklahoma kommt der 17-jährige Chesney Henry Baker 1947 als Soldat ins völlig zerstörte Berlin. Am Straßenrand erblickt er sie: Riccarda Krampitz, "Ricky" - und er wird sein "deutsches
Fraulein" ein Leben lang nicht vergessen. Aus diesem Stoff strickt Gabriela Jaskulla eine schwülstige Liebesgeschichte zwischen dem unerfahrenen US-Soldaten und einer jungen Deutschen
Hunger auf Leben
Jaskulla hat viel recherchiert und will viel. Sie gibt ein Bild des zerstörten Berlin. Sie schildert seine Trümmerberge und deutet die politischen Verhältnisse an, die bald zur Deutschen
Teilung führen werden. Die Autorin beschreibt eine Bevölkerung - ausgemergelt und voll Hunger auf Leben, begierig auf einen Neuanfang. All das sieht der Leser durch die Augen des jungen Paares,
besonders durch jene von Chet Baker. Riccarda Krampitz ist zu sehr involviert, verkörpert diese kriegsgebeutelten Menschen.
Doch damit nicht genug, liefert die Autorin auch ein Bild des jungen Chet Baker: Freiwillig hat der 17-Jährige sich zum Dienst gemeldet. "Chet hatte der miesen Situation zu Hause entfliehen
wollen", wollte weg "von seinem gewalttätigen Vater und der ewig jammernden Mutter". Keineswegs subtil lässt die Autorin die Erlebnisse "aus dem lauten Elternhaus, das ihm keine Geborgenheit gab"
in dem jungen Soldaten hochkommen. Sein Verhalten Frauen gegenüber ist geprägt durch seine Mutter. Die "hatte ihn allzu oft warten lassen."
Ikone Chet Baker
Mit Ricky erlebt Chet eine Sommerromanze - beschrieben in den kitschigsten Tönen. Aber instinktiv spürt die Heldin des Buches, dass Chet kein Mann zum Heiraten ist. Obwohl das "deutsche
Fraulein" so angetan ist von seiner männlichen Fähigkeit ein Segelboot zu steuern, dass sie an die Zeitungsberichte über "Amibräute" denken muss.
Und Chet ist der stumme Held, besessen von seiner Musik. Das Wunderkind, das alle in seinen Bann zieht - durch sein geniales Trompetenspiel und seine musikalische Leidenschaft. Jaskulla
präsentiert ihn als die Legende, den gepeinigte Ausnahmemusiker, Chet Baker.
Der Roman wirkt allzu konstruiert. Die verschiedenen Erzählebenen greifen nicht ineinander, die Geschichte kommt nicht in Fluss. Das aufdringliche Psychologisieren und der große Respekt vor
der Legende Chet Baker sind ermüdend und schwer erträglich. So bleibt "Die Geliebte des Trompeters" letztlich lediglich eine kitschige Liebesgeschichte.
Birgit Güll
Gabriele Jaskulla: "Die Geliebte des Trompeters". Deutscher Taschenbuch Verlag. April 2008, 221 Seiten, 9,95 Euro, ISBN 978-3-423-21058-4
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