Der Autor startet mit einer umfangreichen Bestandsaufnahme der aktuellen Welternährungslage. Er verdeutlicht, dass diese Betrachtung nicht losgelöst von allgemeinen wirtschaftlichen und ökologischen Rahmenparametern erfolgen kann. Schug erkennt drei Krisenperioden seit den zweiten Weltkrieg: die erste Mitte der 60er Jahre ausgelöst durch Produktionsrückgänge in Lateinamerika und Fernost, die aber problemlos durch die Überproduktion in Nordamerika und Europa ausgeglichen werden konnten. Die Zweite Anfang der 70er habe sich ebenfalls aus klimatisch bedingten Produktionseinbußen ergeben, jedoch in Industrie- und Entwicklungsländern zugleich. Daraus resultierte ein massiver Anstieg der Weltmarkpreise. Seit 2007, so Schug, erleben wir ebenfalls einen deutlichen Preisanstieg auf dem Agrarmarkt als Zeichen zunehmender Verknappung und der dritten Krise.
Heute jedoch seinen die Ursachen weit vielschichtiger. So räche sich die Vernachlässigung der Agrarpolitik im Bereich der Entwicklungshilfe, die zur labilen Lage beigetragen habe. Der hohe
Ölpreis und dessen Einfluss auf die Düngemittelpreise, die Verarbeitung von Getreide zu Bioethanol, der zunehmende Konsum von Fleisch und Milchprodukten sowie klimatische Veränderungen seinen
weitere Mosaiksteine. Angesichts der rückläufigen Produktionszuwächse der globalen Getreideproduktion bei steigender Weltbevölkerung sei ein Ende der Krise kaum abzusehen.
Kollisionskurs verhindern
Entschlossene Schritte seien also nötig um den globalen Kollisionskurs von Angebot und Nachfrage auf dem Nahrungsmittelmarkt zu verhindern. Schug richtet sein Augemerk dabei auf die
defizitäre Nahrungsmittelproduktion in den Entwicklungsländern und diskutiert die notwenigen Schritte zur Produktionssteigerung im Kontext der schwierigen Rahmenbedingungen. So müsste das
fehlende Fachwissen über moderne Produktionsverfahren ebenso behoben werden wie die mangelnde Infrastruktur. Auch die Notwenigkeit von Bodenreformen und der Einsatz ertragreicherer Züchtungen
werden angerissen. Eine Lösung sei eben nur durch den engagierten Einsatz an verschiedenen Problemfronten zu erreichen. Zugleich spricht Schug eine aktive Bevölkerungspolitik zur Regulierung auf
der Nachfrageseite an.
Menschenwürdig überleben
Schug überzeugt mit seiner analytischen Darstellung der sich anbahnenden Welternährungskrise als Ausdruck vielschichtiger Strukturprobleme genauso wie mit der Darlegung notweniger
Gegenmaßnahmen. In Verantwortung sieht er dabei die Staaten der Industrieländer und der Entwicklungs- und Schwellenländer gleichermaßen - im Sinne einer Weltgesellschaft. Nur gemeinsam lasse sich
sicherstellen, dass die Weltbevölkerung in allen Regionen der Welt menschenwürdig überleben kann.
Ulf Lindner
Walter Schug: Die Dritte Welternährungskrise, Globaler Überblick und Perspektiven, Bouvier Verlag, Bonn 2008, geb., 248 Seiten, 21,90 EURO, ISBN 978-3416031-493