Kultur

Der Tod der Arbeit

von Die Redaktion · 18. August 2005
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Welchen Wert hat Arbeit für die Menschen im 21. Jahrhundert? Arbeiten sie, um zu leben oder leben sie, um zu arbeiten - dies sind die Fragen, um die sich der von Pepe Danquart produzierte Film "Workingman's Death" dreht. In fünf Kapiteln stellt Regisseur Michael Glawogger das Schicksal von Arbeitern im noch jungen Jahrhundert dar. Auf viele Zuschauer wirkt dies befremdlich, denn der Film folgt den Spuren von Bergarbeitern in illegale Kohlenminen in der Ukraine, spürt Schwefelarbeiter in Indonesien auf, begegnet Schlachtern in Nigeria, besucht Schweißer, die Schiffe in Pakistan verschrotten, und blickt mit chinesischen Stahlarbeitern in eine ungewisse Zukunft.

Drastisch: Dieses Wort beschreibt die 122 Minuten, die "Workingman's Death" den Zuschauer in seinen Bann zieht. Drastisch sind die Aussagen der Arbeiter, die unter menschenunwürdigen Bedingungen schuften, um sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Drastisch sind die Bilder, die mit detaillierter Grausamkeit den Alltag dieser Menschen zeigen. Und drastisch sind die Menschen selbst, die ihre Arbeit - und möge sie noch so zerstörerisch sein - als Geschenk ansehen und Gott danken, dass er sie damit gesegnet hat.

Nachdenklich stimmt der Schuss. Hier wird der Zuschauer wieder zurück nach Deutschland gebracht. Das stillgelegte Hüttenwerk Duisburg-Meiderich, das in einen Freizeitpark umgewandelt wurde, führt ihm den Kontrast zwischen seiner und der übrigen (Arbeits-)Welt auf drastische Weise vor Augen.

In vierjähriger Recherche- und Dreharbeit ist Regisseur Glawogger und seinem Team ein beeindruckender Film gelungen. Für die Aufnahmen aus dem wahren Leben der Arbeiter mussten Genehmigungen eingeholt und vor allem das Vertrauen der Menschen gewonnen werden. Dadurch ist der Film authentisch bis ins letzte Detail. Die Grenzen zwischen Kinosaal und Film verschwimmen. Bald fühlt man sich selbst seltsam beklommen in die ukrainische Kohlengrube versetzt oder meint, den Todesschrei der Ziege im Schlachthof direkt neben sich zu hören.

Sichtlich bewegt waren auch die Besucher der Vorpremiere, die sich auf Einladung des DGB den Film bereits am 17. August im "Delphi"-Filmtheater in Berlin ansehen konnten. Die blutigen Szenen aus dem nigerianischen Schlachthof verschlugen so manchem den Atem. Auch der SPD-Vorsitzende Franz Müntefering gab im anschließenden Podiumsgespräch zu: "Das hat mich wirklich mit Angst erfüllt." Solche Arbeitsbedingungen seien schrecklich.

DBG-Chef Michael Sommer stellte sich die Frage, welchen Wert die Arbeit für den Menschen heutzutage hat und war sich sicher: "Arbeit darf von uns nicht wie Dreck behandelt werden." In unserer Welt, in der nicht das unmittelbare Überleben davon abhänge, sei sie identitätsstiftend. Damit beschrieb Sommer auch treffend den Kontrast, den "Workingman's Death" dem Zuschauer vor Augen führt und den Produzent Pepe Danquart wie folgt beschreibt: "Bei uns hat die Arbeit an Wert verloren."

Franz Müntefering zog ein Fazit, indem er den Wahlkampfspruch der CDU abänderte: "Was wir brauchen, ist Vorfahrt für menschenwürdige Arbeit."



weitere Informationen zum Film unter www.workingmansdeath.com

Kai Doering

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