Kultur

Der stille Killer

von Susanne Dohrn · 26. April 2006
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Es wird wärmer in Deutschland. Die Sommer heißer, die Winter nasser. Skifahren in den Alpen wird vermutlich nicht mehr möglich sein, dafür gibt es beim Ostseeurlaub eventuell Sonnenscheingarantie. Das haben Klimaforscher gerade errechnet. Alles nicht so schlimm?

Verantwortlich für diesen Wandel ist vor allem das Klimagas Kohlendioxyd. Das ist heute so, das gilt für die Zukunft und das war schon immer so. Der Australier Tim Flannery hat das in seinem neuen Buch "Wir Wettermacher" eindrucksvoll nachgewiesen. Seit Jahrmillionen bestimmt der Anteil von Kohlendioxyd in der Atmosphäre die Temperatur der Erde und ist damit für das Entstehen und das Aussterben von Arten maßgeblich verantwortlich. So der Einschlag eines Asteroiden vor 65 Millionen Jahren. Er vernichtete alle Lebewesen, die mehr als 35 Kilogramm wogen - auch die Dinosaurier. Was Kohlendioxyd damit zu tun hatte?

Wissenschaftler haben, so Flannery, nachgewiesen, dass nach der Kollision die Kohlendioxyd -Konzentration in der Atmosphäre stark anstieg, vermutlich weil der Asteroid mit sehr kalkhaltigem Gestein zusammenstieß. Das führte zu einem abrupten Temperaturanstieg, und alle Arten, die damit nicht klarkamen, starben aus. Flannerys Verdienst ist es, dass er eine Fülle solcher Beispiele zusammengetragen hat und zum ersten Mal, auch für den Laien verständlich, die Geschichte des Klimawandels und der erdgeschichtlichen Entwicklung erklärt.

Seine große Sorge: Inzwischen sind wir wieder auf dem Weg zu einer globalen Erwärmung, denn wir verbrauchen die in der Erde eingelagerten Kohlenstoffreserven im Zeitraffertempo: Zum Heizen, zum Kühlen, zum Autofahren, im Luftverkehr. Eiskernbohrungen haben das nachgewiesen. Damit ist es mittlerweile möglich, fast eine Million Jahre in die Erdgeschichte zurück zu blicken. Diese Bohrungen zeigen, dass die Konzentration von Kohlendioxyd seit der Industriellen Revolution ständig angestiegen ist und im Zeitraum von einer Million Jahre noch nie so hoch gewesen ist. Wenn wir diesen Verbrauch nicht radikal einschränken, wird der Thermostat der Erde versagen, so Flannerys Fazit. Das ist auf der Erde schon fünfmal geschehen. Und jedes Mal wurden 95 Prozent der Arten vernichtet.

Tim Flannery, Wir Wettermacher. Wie die Menschen das Klima verändern und was das für unser Leben auf der Erde bedeutet, 350 Seiten - Fischer (S.) Verlag, Frankfurt, Februar 2006, 19,90 Euro, ISBN: 310021109X

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Susanne Dohrn

ist freie Autorin und ehemalige Chefredakteurin des vorwärts.

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