Beispiellos sei "diese freiwillige Selbstaufgabe des Geistes", betonte Horst Köhler in seiner Rede und bezeichnete Bücher als "die geistigen Lebensmittel schlechthin". Er erinnerte daran,
dass gerade an den Universitäten - den Stätten der geistigen Freiheit - Ausgrenzung und Intoleranz gelebt wurden. Akademiepräsident Klaus Staeck unterstrich, dass der barbarische Akt auch
symbolisch für das Versagen des Landes der Dichter und Denker stehe, dessen wir uns so gerne rühmen.
"Schutz des Geistes und der Humanität"
Von der Ausgrenzung der Juden zur Verbrennung ihrer Bücher sei es nur ein kleiner Schritt gewesen. - Und von da nur ein weiterer kleiner Schritt zur Verbrennung der Menschen, so Köhler. Das
Gedenken an die Bücherverbrennung erinnere auch an die bleibende Aufgabe: den "Schutz des Geistes und der Humanität", so der Bundespräsident. Es gelte dafür zu sorgen, dass so etwas nicht wieder
geschehe. Die Freiheit der Kunst sei das Fundament unserer Kultur.
"Die Erinnerung kann nur Bestand haben, wenn sie an die kommenden Generationen weitergegeben wird", unterstrich der Bundespräsident bei der Hauptgedenkveranstaltung. In diesem Sinne wirkten
auch Schüler daran mit. Gemeinsam hatten die Berliner Akademie der Künste, der Börsenverein des Deutschen Buchhandels und das deutsche PEN-Zentrum zu der Gedenkfeier mit dem Titel "Der Geist im
Feuer" eingeladen. Herta Müller, Ingo Schulze, Volker Braun, Jutta Wachowiak und Günter Lamprecht lasen aus Werken welche die Nazis verboten und verbrannt hatten.
Kulturvernichtung
Im Berliner Willy-Brandt-Haus erinnerten der Verein "Gegen Vergessen - Für Demokratie" gemeinsam mit dem Freundeskreis Willy-Brandt-Haus, dem vorwärts buch Verlag und dem Parthas Verlag an
die Bücherverbrennungen des Jahres 1933. Diese "Aktion von Kulturvernichtung" machte eine "ganze Generation von Autoren zu Verschollenen, Vergessenen in Deutschland", so Klaus Wettig, der
Vorsitzende des Freundeskreises Willy-Brandt-Haus.
Mehr als 94 deutsche Bücherverbrennungen im Jahr 1933 hat der Historiker Werner Treß vom Moses Mendelssohn Zentrum bisher recherchiert. Die erste nachweisbare Vernichtung von Schriften fand
bereits am 7. März 1933 in Dresden statt, wie er im Willy-Brandt-Haus erläuterte. Am 10. Mai 1933 sah der polnische Journalist Antoni Graf Sobanski die Berliner Bücherverbrennung. - Aus seinem
Augenzeugenbericht las Claudia Jacobsohn.
"Bibliothek Verbrannter Bücher"
"Es ist nicht so weit weg, wie wir manchmal glauben - oder glauben möchten", rief Andreas Eberhardt von "Gegen Vergessen - Für Demokratie" zur Wachsamkeit auf. Er erinnerte - wie Horst Köhler
und Klaus Staeck in der Akademie der Künste - daran, dass die Bücherverbrennungen in zahlreichen deutschen Städten keine Spontanaktionen, sondern wohl kalkulierte Vernichtungsakte der
nationalsozialistischen Studenten waren.
Mit der "Bibliothek Verbrannter Bücher" arbeitet das Moses Mendelssohn Zentrum daran, die von den Nazis bekämpften Autoren wieder einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Insgesamt
sollen 120 Bücher erscheinen. Die Kassette mit den ersten 10 Bänden konnte heute präsentiert und bereits an einige Schulen überreicht werden.
Gedenkveranstaltung am 10. Mai
Am 10. Mai gibt es auf dem Bebelplatz ab 11 Uhr eine Gedenkveranstaltung zum 75. Jahrestag der Bücherverbrennung in Berlin. Die Humboldt-Univerität zu Berlin, das spanische Kulturinstitut
Cervantes sowie die Stiftung Tres Culturas aus Sevilla und die Berliner SPD laden dazu ein.
Birgit Güll
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