Italo Calvino gehört zu Italiens größten Schriftstellern der Nachkriegszeit. Seine Werke sind wichtiger Bestandteil der italienischen Schullektüre und heutzutage aus der Weltliteratur nicht
mehr wegzudenken. Internationale Bekanntheit erhielt Calvino unter anderem mit Texten wie "Wenn ein Reisender in einer Winternacht" oder "Unsere Verwandten".
Neben zahlreichen Erzählungen und Geschichten mit phantasievollen und märchenhaften Elementen umfasst Calvinos literarisches Gesamtwerk auch theoretische und politische Schriften.
Ich bedaure, dass wir uns nicht kennen ist eine Zusammenstellung von Briefen, die den Zeitraum von 1941 bis zu Calvinos Tod im Jahr 1985 umfassen. Zur umfangreichen Auswahl seiner
Briefpartner zählen vor allem der Jugendfreund und Journalist Eugenio Scalfari, der Regisseur Michelangelo Antonioni und der deutsche Autor Hans Magnus Enzensberger. Die Korrespondenzen tragen
nichts aus dem Privatleben Calninos zur Schau. Doch sie erhellen, wie er sich zu zeitgenössischen und theoretischen Debatten über Kultur, Literatur und Politik positionierte.
Streifzug durch Italo Calvinos Leben
Calvino, 1923 auf Kuba geboren, wuchs im italienischen San Remo auf und studierte ab 1942 Agrarwissenschaften in Turin. Der vorliegende Band setzt mit Briefen aus seiner Studentenzeit ein.
Schon darin wird sehr deutlich, wie unzufrieden der junge Calvino mit seiner allgemeinen Lebenssituation war. Das ungeliebte Studium hatte er mehr auf das Drängen seiner Eltern hin denn aus eigenem
Interesse begonnen. Viel lieber setzte er sich mit seinem Schreiben auseinander oder machte seinen Briefpartner Scalfari z.B. freiheraus auf dessen Ausdrucksmängel aufmerksam.
Die Briefe wurde so ausgewählt, dass jede Station in Calvinos Leben gestreift wird: Angefangen bei seiner Studienzeit in Turin und Florenz, über seine Zeit als Kämpfer bei den Partisanen,
seine Verlagsarbeit und Mitarbeit als Redakteur bei einer kommunistischen Tageszeitung bis hin zu seinen Jahren in Paris, wohin er mit seiner Familie Ende der 60er übersiedelte.
Briefe eines Schöngeistes
Neben biographischen Fakten zeichnet das Buch nicht nur ein buntes Bild eines bewegten Lebens, sondern bildet auch das komplizierte Auf und Ab eines zum Teil zerrissenen Intellektuellen ab.
Leider fehlen die Antwortschreiben der Briefpartner. Dabei hätten diese das Bild Calvinos wunderbar abrunden und seine theoretischen Überlegungen ergänzen können.
Was Brieflesen im Allgemeinen spannend macht, sind private, wenn nicht gar intime Details. Schade, dass genau darauf hier gänzlich verzichtet wurde. Es wäre durchaus interessant gewesen,
Italo Calvino auch als Privatmann zu erleben und nicht nur als Künstler und Schöngeist. Dennoch bietet das erstmalig ins Deutsche übersetzte Buch die Möglichkeit, Calvino mal von einer anderen
Seite kennen zu lernen als aus seinen Büchern.
Edda Neumann
Italo Calvino: Ich bedaure, dass wir uns nicht kennen, Briefe 1945-1985, Hanser Verlag, 2007, 25,90 Euro, 416 Seiten, ISBN-13: 978-3446209190
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