Nein, den Untergang des Abendlandes wollte er nicht heraufbeschwören. Doch dass sich Klaus von Dohnanyi darum Sorgen macht, wurde den Zuhörern am vorwärts-Stand auf der Frankfurter Buchmesse
schnell klar. "Wie können wir unsere demokratischen, freiheitlichen Werte bewahren, wenn die gottlose Gesellschaft immer mehr um sich greift?", fragte der Alt-Bürgermeister rhetorisch.
Zuvor hatte sein Gesprächspartner Heinrich August Winkler die westlichen Werte gelobt und festgestellt: "Der Glaube an einen einzigen Gott ist konstitutiv gewesen für die Errungenschaften
der modernen Gesellschaft." Die Menschenrechte seien die "säkularisierte Ausführung von Glaubensgrundsätzen" und machten "das Wesen des Westens aus". So hat er es in seiner "Geschichte des
Westens", um die es auf der Buchmesse geht, aufgeschrieben.
"Nachholen, was in den 90ern versäumt wurde"
Doch wie ist es um dieses Wesen bestellt? Nicht gut, wenn man Winkler glaubt. "Das normative Konzept des Westens entspricht oft nicht der Wirklichkeit", klagt er in Frankfurt. Die
Geschichte des Westens sei auch eine "Geschichte von Abschweifungen vom Konzept der Freiheit". Als Beispiele nennt Winkler die Ungleichbehandlung von Frauen und die Sklavenhalterei in den USA.
Doch auch in der "alten Welt" lauern Gefahren, und zwar ganz gegenwärtige. "Ich sehe nicht, wie sich demokratische Entscheidungen innerhalb der Europäischen Union unter 27 Staaten
herstellen lassen", warnt Klaus von Dohnanyi. Die aktuelle Euro-Krise und das zögerliche Verhalten der EU-Staaten zeigten das.
Und auch Heinrich August Winkler fordert: "In Europa geht es darum, das nachzuholen, was in den 90er Jahren versäumt wurde." Was das genau ist, kann man in Winklers drittem Band der
"Geschichte des Westens" nachlesen. Er erscheint 2014.
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