Kultur

Das Internet als Zukunftsplattform für den Film

von Romy Hoffmann · 20. Februar 2012

Das große Potential des Internets für die Weiterentwicklung des Kinos – darüber diskutierten am 16. Februar Teilnehmer in einem deutsch-französischen Werkstattgespräches in der Deutschen Kinemathek.

„Wie kann das Internet den künstlerischen Aspekt des Kinos bereichern?“, mit dieser Frage eröffnet Béatrice Angrand den interkulturellen Filmdialog im Rahmen der Berlinale. Sie ist Generalsekretärin des Deutsch-Französischen Jugendwerks (DFKW), das zusammen mit der Sektion „Perspektive Deutsches Kino“ zur Veranstaltung „Internet, wie haben Sie das gemacht?“ in Berlin geladen hat. Bereits zu Beginn der Diskussion, moderiert von Frédéric Jaeger, Chefredakteur des Internetportals „critic.de“, stellen die Gesprächsteilnehmer klar, dass das Internet mehr biete, als nur eine Plattform für die sog. „Filmpiraterie“. Aber wo genau liegt das Potential des Internets für den Film?   

„Tod des Kinos?“

Die Franzosin Mathilde Henrot stellt mit ihrer Seite „Festival Scope“ ein Portal zur Verfügung, auf dem offizielle Branchenvertreter Zugang zu noch nicht veröffentlichten Filmen erhalten. Es handelt sich hierbei um einen professionellen Kinodienst, der auch für die Berichterstattung von Journalisten wertvoll ist. Da es sich bei dieser Art des Filmportals um eine Kooperation von Internet und Kino handle, werden die Filme nach dem offiziellen Kinostart natürlich nicht mehr auf dem Online-Portal angeboten, betont Henrot.   Andreas Wildfang sieht die Zukunft des Filmes ausschließlich im Internet. Der Betreiber der Video-on-Demand-Plattform „realeyz.tv“ stellt eine unbegrenzte Anzahl an Filmen bereit, die der User sofort herunterladen und ansehen kann. Das Internet ist eine „Chance für den ernsthaften Film“, meint der Filmverleiher, denn weil die Kinoindustrie profitorientiert sei, biete sie nur Filme an, die einen gewissen Erfolg versprechen. Das begrenze die Auswahl der Kinofilme enorm. Im Netz hingegen können alle produzierten Filme angeboten werden. Des Weiteren sei durch modernste und mittlerweile auch kostengünstige Technologie das Kino als Erlebnis auch in den eigenen vier Wänden möglich, wie Wildfang betont. Vor allem aus diesen Gründen prophezeit er den „Tod des Kinos“.  

Interaktivität als Fluch und Segen

Ganz so weit möchte Florian Thalhofer, Regisseur nicht-linearer Dokumentarfilme, nicht gehen. Allerdings bekräftigt auch er die Innovationsrolle des Internets, die eine „neue Form des Erzählens“ darstellt. Da die verschiedenen Inhalte von Filmen miteinander verknüpft oder verlinkt werden können, bestehe die Möglichkeit, Filme permanent zu verändern, erklärt Thalhofer sein System „Korsakow“. Diese Option sei im klassischen Kino nicht vorhanden. Außerdem stellt Thalhofer fest, dass im Internet jeder einzelne User die Möglichkeit habe, sich interaktiv an der Produktion von Filmen zu beteiligen, wie man es beispielsweise vom Internetkanal „Youtube“ kennt.   Diese Interaktivität sieht der Franzose und stellvertretende Chefredakteur des Online-Kinoportals „critikat.com“, Julien Marsa, vor allem in Hinblick auf Filmkritiken problematisch. Dadurch, dass jeder Nutzer die Möglichkeit habe, eigene Berichte und Kommentare online zu stellen, sieht Marsa die Qualität von Online-Artikeln in Gefahr.  

Online-Filmangebote sind eine Frage des Geldes

Auf ein weiteres Problem weist Produzent und Regisseur Romuald Karmakar hin. Er betont, dass die Finanzierung von Online-Filmportalen äußerst schwierig sei. Der Filmproduktionsprozess sei hierzulande noch weitgehend unbekannt. Die Konsumenten wollen deswegen nicht einsehen, wofür sie für Filme, die im Netz angeboten werden, bezahlen sollen. Diese Behauptung teilt der Online-Filmverleiher Wildfang nicht. Sein Portal erfreut sich trotz Kostenpflicht an einer steigenden Anzahl an Benutzern. „Vor allem die deutschen User sind immer mehr dazu bereit, für Internetangebote zu bezahlen“, stellt Wildfang fest.   Das Internet muss sich sicherlich in bestimmten Sektoren noch weiterentwickeln und verbessern, darüber sind sich die Gesprächsteilnehmer einig. Allerdings bleiben sie dem Zuschauer die Antwort schuldig, wie das geschehen soll. Doch trotz der bisherigen Schwierigkeiten können die Diskussionsteilnehmer dem Fazit eines Zuschauers zum Schluss des Gespräches beipflichten: „Es ist wie mit dem Theater: Das Kino wird weiter bestehen. Seine Zukunft liegt aber im Internet.“

Autor*in
Romy Hoffmann

Romy Hoffmann ist Studentin der Politikwissenschaft und Philosophie an der Universität Regensburg. Im Frühjahr 2012 absolvierte sie ein Praktikum in der Redaktion des vorwärts.

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