Kultur

Chancenlose Migrantinnen

von Die Redaktion · 28. August 2007
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Frauen in der Ernährerrolle

Wie kommt es, dass die feminisierte Migration auf einmal ins Blickfeld der Wissenschaft und Politik rückt? Frauen machten immer schon knapp die Hälfte der Migranten aus, aber in den letzten Jahren wandelte sich ihre Motivation. Heute sind Frauen nicht länger Anhängsel in Familienverbänden, sondern verlassen selbstständig ihr Heimatland, um ihre daheim gebliebene Familie zu ernähren. Das meiste Geld, was die Frauen im Ausland verdienen, geht zurück zu der Familie. Da verwundert es nicht, dass der größte Profiteur des weiblichen Wanderns die Banken sind.

Der entscheidende Grund für diese Entwicklung, sagte die Publizistin Christa Wichterich in ihrem einführenden Vortrag, sei nach wie vor die Ungleichheit zwischen den Ländern. Ökonomisch und rechtlich sehe die Situation auf der Erde so unterschiedlich aus, dass viele Menschen in ihrem Land keine ausreichenden Chancen auf ein gesundes, erfülltes Leben oder gar die Akzeptanz ihres Wesens erfahren. Migration sei also vor allem eine Überlebensstrategie.

Aufklärung über Frauenhandel

"Die meisten Frauen sind durchaus Subjekte ihres Handelns," stellte Wichterich fest und erläuterte die Problematik des Frauenhandels. Oft wüssten sie, dass es einen professionellen Frauenhandel gibt, würden aber trotzdem auf die Schlepper hereinfallen. Dieser "Sklavenhandel" gehe oft innerhalb der EU weiter, ergänzte die Europaabgeordnete Lissy Gröner (SPD).

Insgesamt würden weltweit schätzungsweise zwei Millionen Frauen mit Androhung von Gewalt zur Prostitution im Empfangsland gezwungen. Genaue Zahlen gibt es nicht. Gröner betonte, dass gerade bei internationalen Ereignissen wie der Fussball-WM das Thema Zwangsprostitution in der Öffentlichkeit noch mehr diskutiert werden müsse.



Deutschland als Schlusslicht


In Deutschland ist die Situation für verschleppte Frauen besonders prekär: sie werden kriminalisiert und abgeschoben. In Belgien und Italien gibt es andere Systeme, in denen den Frauen eine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung gewährt wird, wenn sie beweisen könne, dass sie missbraucht wurde.

Jedoch auch wenn Frauen freiwillig nach Deutschland kommen, weil sie sich eine gute Arbeit erhoffen, werden sie oft bitter enttäuscht. Die Wissenschaftlerin Parminder Bakshi-Hamm erklärte, dass gerade Altersgrenzen und die rigiden Richtlinien für Beamtenposten hochqualifizierte Frauen von der Karriere abhalten würden: "Es wird davon ausgegangen, dass die Jobs, die es in Deutschland gibt, von Männern besser gemacht werden als von Frauen." Wenn dann noch ein ausländischer Pass hinzukäme, sei es fast unmöglich, als Akademikerin in Deutschland eine Stelle zu finden.

Auch Gröner stellte fest: "Deutschland ist, was die Gleichstellung von Frauen angeht, eins der Schlusslichter in Europa." Frauen sollten ihre Rechte einfordern und nicht die Bittstellerposition einnehmen. Zur Wahrung der Menschenrechte, die unabhängig der Staatsbürgerschaft gelten, forderte Wichterich abschließend ein "Konzept von Weltbürgerschaft."

Julia Kleinschmidt

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