Über das, was in Afghanistan los ist, wie es den Menschen dort geht, welche komplizierten und schwierigen Hindernisse dem Wiederaufbau und einer emanzipatorischen Entwicklungspolitik dort
entgegen stehen, erfährt der Bürger in den Standarddiskussionen zum Bundeswehreinsatz in Afghanistan wenig. Es gibt erst neuerdings ab und zu authentische Berichte, schließlich ist die Region kein
Ziel für länderkundliche Reisen und unbeschwerten Urlaub. Dabei wäre es innenpolitisch wichtig, die Bürger in Deutschland zu überzeugen, dass der Einsatz dem afghanischen Volk, dem Deutschland über
Jahrzehnte sehr verbunden war, und auch unseren eigenen entwicklungspolitischen und sicherheitspolitischen Interessen dient.
Chefredakteur in Kabul
Diese Überzeugung herzustellen, ist das zentrale Anliegen von Boris Barschow, Redakteur beim ZDF-heute-journal und Major der Reserve der Bundeswehr. Er ließ sich Anfang 2007 für drei Monate
als Chefredakteur der Nato-Zeitung in Kabul auf die Lebens- und Arbeitsverhältnisse der Bundeswehr in Afghanistan ein und startet derzeit einen neuen, längeren Aufenthalt dort. Seine Aufzeichnungen
sind nun in Form eines gut lesbaren, spannenden und informativen Buchs erschienen.
"Kabul, ich komme wieder" zeugt von den heftigen Zweifeln, ob Barschow überhaupt nach Afghanistan gehen sollte, über die enormen Anpassungsprobleme beim Einleben in den so gefährlichen Job in
Kabul bis hin zu den anrührenden Erfahrungen mit Bewohnergruppen, die versuchen, sich in allen Zerstörungen und Gefährdungen ein neues Leben aufzubauen.
Zwischen Journalist und Soldat
Barschow schrieb Tagebuch und textete dies nun in einen Bericht um, der seiner in Kabul gewachsenen Überzeugung dienen soll, weitere Aufbauhilfe zu organisieren und auch selbst zu leisten.
Dadurch ist ein sehr persönliches Buch entstanden. In diesem reflektiert Barschow durchaus kritisch die Gratwanderung, die er als berichtender Journalist einerseits und engagierter Soldat
andererseits schaffen will: mit konkreten Hilfsprojekten und deren militärischer Absicherung Frieden und Entwicklung in dem geschundenen und von unterschiedlichen Interessen missbrauchten Land zu
fördern.
Barschow fasste den Plan, eine große Hilfsaktion in Deutschland für die Schulen in Afghanistan zu starten, und dafür selbst auch wieder nach Kabul zurück zu kommen. Sein Buch "Kabul, ich
komme wieder" ist Ausdruck dieser Selbstverpflichtung. Es ist eine informative Geschichte, aktuell und engagiert, die in Deutschland mehr Beachtung finden sollte - nicht nur als Ergänzung, sondern
vielmehr als Begründung unserer Beteiligung an militärischen und sicherheitspolitischen Strategien für den Hindukusch.
Utz Ingo Küpper
Boris Barschow: Kabul, ich komme wieder. Vive!verlag 2007, 340 S., 16,80 Euro, ISBN 978-3-939912-01-9
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