Ausstellung: „Die Straße ist mein Atelier“ von Mahmoud Dabdoub
Was verbindet Leipzig der 1980er mit einem palästinensischen Geflüchtetenlager im Libanon? Mahmoud Dabdoub hat auf beide Orte als Außenseiter geblickt. Was er gesehen hat, ist noch bis September im Berliner Willy-Brandt-Haus zu sehen.
Mahmoud Dabdoub
Das Foto zeigt Bergungsarbeiten im zerstörten Beirut.
Das Foto zeigt ein Kind, es blickt lächelnd und mit leuchtenden Augen an der Kamera vorbei. Auf dem Bild daneben schaut eine ältere Frau besorgt auf den Boden. Ein weiteres Foto zeigt Beirut in Schutt und Asche, daneben sieht man vermummte Gestalten, die ihren Arm für den Hitlergruß in die Höhe reißen.
Die vier Fotos sind zurzeit neben vielen weiteren im Atrium des Willy-Brandt-Haus in Berlin zu sehen. „Die Straße ist mein Atelier“ heißt die Ausstellung des vielfach ausgezeichneten Fotografen Mahmoud Dabdoub. Seine Schwarz-Weiß-Fotografien erzählen von alltäglichen und gleichsam besonderen Momenten im Nahen Osten, der DDR und schließlich im wiedervereinigten Deutschland.
Über ein Stipendium in die DDR
Hingebungsvoll wie aufmerksam porträtiert Dabdoub die Umstände des Einzelnen, behutsam blickt er auf ihre Schicksale, ihre Glücks- und Leidensmomente. Der Künstler hat selbst an den Orten, in denen die Fotografien entstanden sind gelebt. Stets gehörte er dabei einer Minderheit an. Geprägt von diesen Erfahrungen treibt ihn vor allem eines an: die Herstellung von Sichtbarkeit für Menschen. Wie etwa im Geflüchteten-Lager im Libanon. „Ich wollte die dortige Situation dokumentieren, die Menschen und ihre Würde, und der westlichen Welt zeigen, dass dies keine Art zu leben ist. Fremdheit als Erfahrung hilft, sich zu engagieren und solidarisieren“, sagte Dabdoub in einem Interview mit dem „Neuen Deutschland“.
Der Künstler wird 1958 in Baalbek, Libanon, als Kind palästinensischer Flüchtlinge geboren und wächst in einem Flüchtlingslager in Palästina auf. Die Malerei, der er sich schon früh widmet, wird für ihn zum Befreiungsschlag, um den bisweilen brutalen und aussichtslosen Umständen des Flüchtlingslagers zu entkommen. Nach dem Abitur in Beirut kommt Dabdoub mithilfe eines Stipendiums des Künstlerverbands der DDR nach Leipzig. Auch dort ist er zunächst ein Fremder, absolviert deutsche Sprachkurse und studiert bis 1987 an der Leipziger Hochschule für Grafik und Buchkunst.
Fotografieren mit dem Herzen
Dabdoubs dokumentarische Werke sind beeindruckend. Sie zeugen von Feingefühl, vergleichen das Leipzig der 1980er Jahre mit dem Alltag in den Gassen des palästinensischen Flüchtlingslagers von Shatila im Süden von Beirut, wo geflüchtete Palästinenser*innen bereits seit Generationen leben. Mit seiner Fotografie weist der heute freiberufliche Fotograf auf die Gemeinsamkeiten der Menschen unabhängig von Nationalität und Glaube hin, auf die Alltagskämpfe und ihre Wünsche, die die Porträtierten teilen.
Viele Menschen blicken unmittelbar in die Kamera, einige lächeln. Und man vermutet beinahe, dass Dabdoub ihnen mit seiner Fotografie die Würde zugestehen möchte, die alle verdienen. Er habe stets mit seinen Herzen fotografiert, meint Mahmoud Dabdoub gegenüber dem „Neuen Deutschland“. Das spürt man.
Eine Auswahl seiner Werke stellt der Freundeskreis Willy-Brandt-Haus bis zum 21. September 2025 im Willy-Brandt-Haus aus, Stresemannstraße 28, 10963 Berlin. Die Öffnungszeiten sind von dienstags bis sonntags, jeweils von zwölf bis 18 Uhr. Der Eintritt ist frei.