Kultur

Ansichten aus einem besseren Amerika

von Die Redaktion · 13. August 2007

"Ich bin zornig; zornig über eine Politik, die beständig die Wohlhabenden und Mächtigen auf Kosten normaler Amerikaner begünstigt." Dieser Satz, den Barack Obama im amerikanischen Senat zu Protokoll gab, hätte auch in der deutschen Politik fallen können. Er macht eine Tatsache deutlich, die beim Lesen des Buches schnell klar wird: Amerikaner und Deutsche haben verblüffend ähnliche Probleme. So hilft "Hoffnung wagen", viele amerikanische Eigenheiten besser zu verstehen und ein bunteres Bild des Schwarz-Weiß gezeichneten Amerikas eines George W. Bush zu bekommen.



Versteckte Regierungserklärung


Das große Plus des Buchs, das in den USA bereits im Jahr 2006 unter dem Titel "The Audacity of Hope" erschien, ist die Mischung zwischen einer Autobiographie Barack Obamas und der Bestandsaufname der Vereinigten Staaten zu Beginn des 21. Jahrhunderts. Vor dem Hintergrund einer Zustandsbeschreibung von Republikanern und Demokraten handelt Obama alle wichtigen Themen ab, die Amerika bewegen: vom Wertesystem, über die Verfassung bis zum Glauben und zu den Rassenprobleme. Dabei garniert Barack Obama das Allgemeinpolitische mit persönlichen Erfahrungen und Erlebnissen, die er während seiner Karriere als Senator von Illinois und im Bundessenat gemacht hat.

Gerade dies Anekdotenhafte lässt die knapp 500 Seiten zu einem großen Lesevergnügen werden. Nach jedem Kapitel wundert man sich erfreut, was man dabei alles erfahren hat. Trotzdem ist "Hoffnung wagen" kein Lehrbuch, sondern zeigt Obamas subjektive Sicht auf die Probleme Amerikas, die er zu lösen versucht. Dies lässt das Buch auch zu einer versteckten Regierungserklärung werden, die einen Vorgeschmack darauf gibt, wie ein Amerika unter einem Präsidenten Obama aussehen könnte.

So plädiert er für mehr Mut der Politiker und eine echte Überparteilichkeit. Politik müsse sich an Sachfragen orientieren und nicht an Parteigrenzen. "Wir verlieren alle, wenn wir das Niveau der politischen Debatte senken", sagt Obama und man glaubt ihm sofort, dass er es ernst meint.

Kein Politikerjargon

Neben diesen allgemeinen Plädoyers für einen faireren Umgang im politischen Geschäft spricht der Kandidat für die Vorwahlen der Demokraten konkrete Dinge an, die in Amerika verbessert werden müssen. So fordert Obama bessere Lehrer und mehr Geld in die Ausbildung von Ingenieuren und Naturwissenschaftlern zu stecken - auch hier ist die Parallele zur deutschen Debatte frappierend. Seine liberale Haltung zur Abtreibung und die Forderung nach einem geordneten Rückzug aus dem Irak, sind schon seit längerem Konfliktstoff in den Vereinigten Staaten. Auch der Klimawandel steht auf Obamas Agenda. Die Politik des Präsidenten der vergangenen Jahre attackiert er scharf. "Wir steigen alle gemeinsam auf und stürzen zusammen ab", gibt der Demokrat zu bedenken.

Barack Obama besitzt Charme, Charisma, ein ausgewogenes Denken und die Fähigkeit, Menschen unterschiedlicher Positionen zusammenzuführen. All dies offenbart das streckenweise sehr persönlich gehaltene Buch. Obama drischt keine Phrasen. Nie verfällt er in bloßen Politikerjargon. All seine Äußerungen sind echt und authentisch. Und sie lassen auf ein besseres Amerika nach der nächsten Präsidentschaftswahl hoffen.

Kai Doering

Barack Obama: Hoffnung wagen. Gedanken zur Rückbesinnung auf den American Dream, Riemann-Verlag, Juni 2007, 480 Seiten, 19 Euro, ISBN 978-3570500811

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