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Was für ein Leben! Geboren 1939 in den USA als Sohn einer Niederländerin und eines Österreichers, die sich auf einem Esperanto-Kongress in Paris kennen gelernt hatten. Aufgewachsen erst in den Niederlanden, dann seit 1945 in Niedersachsen, Studium in Mainz, Privatdozent in Berlin, freier Schriftsteller, heute am Starnberger See lebend, Sozialdemokrat, Querdenker, Mahner. Nun hat er seine Biografie geschrieben, mit dem wunderbaren Titel "Als wir noch Götter waren im Mai": Die Rede ist von Johano Strasser.

"Die SPD kann stolz sein, in ihren Reihen einen so wichtigen Intellektuellen zu haben, der philosophisches, sozialwissenschaftliches sowie literarisches Denken und Schreiben mit solchem politischen Engagement verbindet", so Wolfgang Thierse in einer Laudatio über Johano Strasser, gehalten kürzlich im Berliner Willy-Brandt-Haus.

Das Idealbild der SPD

Johano Strasser hat sozialdemokratische Geschichte mitgeschrieben - seit 1973 ist er Mitglied der SPD-Grundwertekommission - und schreibt sie womöglich noch. "Ach SPD!" heißt ein Kapitel in seinem Buch. Strasser lege mit seinem Buch "die so oft angemahnte 'sozialdemokratische Erzählung' vor", so Thierse. Es sei ein Buch, das Sozialdemokraten Mut mache, weil er ein Bild der SPD zeichne, das viele teilen: "Eine Versammlung kritischer, selbständiger Köpfe, klar in ihren Grundsätzen und unerschütterbar in ihrem Engagement für die Mühseligen und Beladenen, aber jederzeit bereit, sich der veränderten Realität zu stellen, diskussionsfreudig, misstrauisch gegenüber hohlen Phrasen und bombastischen Inszenierungen, an nichts als der Wahrheit interessiert und mutig, wenn es darum geht, das Bestehende zu verändern".

Utopisch und pragmatisch

Strassers Bestreben sei es, das Utopische mit dem Pragmatischen zu verbinden: "Wenn das utopische Moment fehlt, verlieren Parteien und Menschenrechtsorganisationen ihre Seele und erschöpfen sich am Ende in leerer Betriebsamkeit; wenn vor lauter Überschwang der Blick für das pragmatisch Durchsetzbare verloren geht, verflüchtigen sich die schönen Träumereien im luftleeren Raum, und die Welt bleibt auf ewig, wie sie ist", zitierte Thierse Strasser und verbindet das mit einer Forderung: "Könnte man schöner die Aufgabe beschreiben, vor der die SPD derzeit bei der Erarbeitung eines neuen Grundsatzprogramms steht?"



Der lange Weg guter Ideen


Wie lange gute Ideen manchmal brauchen, bis sie sich durchsetzen, auch darauf gibt das Buch einen Hinweis. Der vorbeugende Sozialstaat im Bremer Entwurf zum SPD-Grundsatzprogramm hat einen Vorläufer bereits 1979 in Strassers Konzepten des "aktivierenden und vorsorgenden Sozialstaates". Das Buch sei, so Thierse, eine Ermunterung, nicht nachzulassen, die schwierigen Verhältnisse mit sozialdemokratischen Werten zu konfrontieren. Denn wie heißt es bei Strasser so schön: "Die Wahrheit ist progressiv."

Johano Strasser: Als wir noch Götter waren im Mai. Erinnerungen.

Pendo Verlag, München 2007. 360 Seiten, 19,90 Euro, ISBN 3-86612-111-3

Romane von Johano Strasser:

"Der Klang der Fanfare" (1987)

"Stille Jagd" (1995)

"Ein Lachen im Dunkeln" (1999)

Politische Bücher:

"Leben oder Überleben. Wider die Zurichtung des Menschen zu einem Element des Marktes" (2001)

"Kopf oder Zahl - die deutschen Intellektuellen vor der Entscheidung" (2005)

Autor*in
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Susanne Dohrn

ist freie Autorin und ehemalige Chefredakteurin des vorwärts.

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