Wie die SPD und ihre Schwesterparteien die Zukunft gestalten wollen
Dirk Bleicker
Jimmie Åkesson, Recep Tayyip Erdoğan, Donald Trump – die Namen sind unterschiedlich, doch alle drei stehen für ein autoritäres Verständnis vom Staat und einen rigiden Umgang mit Minderheiten. Und die progressiven Parteien in Schweden, der Türkei, den USA und anderen Ländern müssen damit umgehen.
Progressive Alliance mit neuem Vorstand
Um sich auszutauschen und Strategien für eine gerechte globalisierte Welt zu entwickeln, haben sich am Sonntag und Montag Vertreter von mehr als 130 Mitgliedsparteien der „Progressive Alliance“ (PA) in Berlin getroffen. Die PA war 2013 auf maßgebliches Betreiben der SPD und Sigmar Gabriels in Leipzig gegründet worden. Sie versteht sich als ergänzendes Netzwerk zur Sozialistischen Internationalen (SI), die als nicht arbeitsfähig und reformunwillig gilt.
„Wir geben die Hoffnung nicht auf, die SI zu reformieren, aber angesichts ihrer Entwicklung scheint das unmittelbar nicht möglich zu sein“, betonte Martin Schulz in seiner Rede am Montag Vormittag im Willy-Brandt-Haus. Am Tag zuvor war er mit dem besten Ergebnis in den Vorstand der PA gewählt worden. Diesem gehören u.a. auch der österreichische Bundeskanzler Christian Kern, der Vorsitzende der französischen Parti Socialiste Jean-Christophe Cambadélis und Schwedens Ministerpräsident Stefan Löfven an.
„Speerspitze im Kampf für die offene Gesellschaft“
Das Treffen in Berlin sei ein „dringender Schulterschluss in schwierigen Zeiten“ hob Schulz in seiner Rede hervor. Die offenen Gesellschaften stünden weltweit unter enormem Druck, neue autoritäre Bewegungen „suchen nicht nach Lösungen, sondern nur nach Sündenböcken“. In dieser Situation sei es an den progressiven Parteien zur „Speerspitze im Kampf für die offene Gesellschaft“ zu werden.
Es brauche „verbindliche Regeln für die Globalisierung“, eine „globale Friedensagenda“ mit dem zentralen Ziel der Abrüstung und „endlich eine angemessene finanzielle Ausstattung humanitärer Hilfe“. Vor der Statue Willy Brandts unterstrich Schulz seine Absicht, „die Achse der Sozialdemokraten zur treibenden Kraft in Europa zu machen“ und an die Zeit von Olof Palme in Schweden, Brandt und Deutschland und Mário Soares in Portugal anzuknüpfen.
Stärke liegt in der internationalen Solidarität
„Um etwas zu ändern, müssen wir auch Wahlen gewinnen“, gab Martin Schulz die Richtung vor. Und es gelte, „die schweigende Mehrheit der Gesellschaft zu organisieren, um die Populisten zu schlagen“. Internationale Zusammenarbeit sei schon immer das beste Mittel gegen nationalistische Kräfte gewesen. „Unsere Stärke als progressive, sozialdemokratische und sozialistische Kräfte liegt in der internationalen Solidarität“, heißt es auch in der „Agenda für Frieden und Gerechtigkeit“ der „Progressive Alliance“.
In dieser fordern die Mitgliedsparteien u.a. eine Ausweitung und Reform der Vereinten Nationen als wichtigstem Akteur zur Bewahrung des Friedens, eine konzertierte Aktion für demokratische Werte und die Etablierung neuer internationaler und regionaler Strukturen etwa um auf die Herausforderungen des Klimawandels zu reagieren.
Eine starke Europäische Union
„Wir müssen eine effiziente weltweite Zusammenarbeit mit anderen Staaten entwickeln“, forderte Portugals Ministerpräsident Antonio Costa. Nur mit einer starken Europäischen Union könne es Antworten auf die globalen Herausforderungen geben. „Europa war immer der Ort, an dem sich unterschiedliche Kulturen getroffen haben“, betonte Costa. Die Bewahrung des Friedens zwischen diesen sei die größte Errungenschaft der EU.
„Angst und Hass dürfen nicht die Antwort sein“, sagte auch Stefan Löfven. Weltweit hätten viele Menschen Angst vor der Zukunft, weil die Kontrolle fehle, betonte der schwedische Ministerpräsident. „Wir progressiven Kräfte müssen diese Angst in Zuversicht für eine positive Zukunft verwandeln.“ Dafür sei entscheidend sicher zu stellen, dass alle Menschen Arbeit und soziale Sicherheit haben.
Auf Worte müssen Taten folgen
„Dafür muss der Mensch im Mittelpunkt der Wirtschaft stehen“, forderte Martin O’Malley, früherer Gouverneur der US-Bundesstaats Maryland und Mitglied der demokratischen Partei. Diese habe noch immer mit dem Schock der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten zu kämpfen. Hoffnungsvoll stimme ihn jedoch, dass die junge Generation in den USA eine globale Sichtweise hätte und sich bereits eine Gegenbewegung formiere. „Wir werden uns unser Land zurückholen“, versprach O’Malley.
Sergei Stanishew wird er damit aus der Seele gesprochen haben. „Wir müssen selbstbewusster werden und unsere Gegner stärker angreifen“, forderte der Vorsitzende der europäischen Sozialdemokraten (SPE). „Wenn die Menschen sich unsicher fühlen, ist es an uns Sozialdemokraten, ihnen Sicherheit zu vermitteln“, sagte er. Dafür sei es jedoch wichtig, nicht nur über gemeinsame Ziele zu diskutieren, sondern auch zu handeln. „Worte verlieren an Wert, wenn sie nicht in die Tat umgesetzt werden.“
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Dirk Bleicker | vorwärts
ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.