Warum das EU-Rettungspaket richtig und nötig ist
Thomas Koehler/photothek.net
Am Freitag wird auf dem EU-Gipfel entschieden, ob das gigantische 750 Milliarden Euro Coronafolgen-Rettungspaket kommt, zusätzlich zu den bereits beschlossenen 540 Milliarden. Wenn es denn schon eine Entscheidung gibt. Noch sind die „sparsamen Vier“ Dänemark, Niederlande, Österreich und Schweden nicht überzeugt. Aber auch sie täten gut daran, dem Paket aus einem Drittel Krediten und zwei Dritteln nicht rückzahlbaren Zuschüssen zuzustimmen.
Der Geist von Europa: nur zusammen stärker
Vorab: Es ist legitim, über Lastenteilung und Souveränität zu diskutieren. Wer kann, wer soll wie viel schultern? Unter welchen Bedingungen sollen reichere Staaten ärmeren helfen? Das sind berechtigte Fragen. Ohne jeden Zweifel.
Aber es hilft, sich an die Begründung der Römischen Verträge im März 1957 zu erinnern. Es ging damals, neben Ungarn-Aufstand und Suez-Krise um die Kohle- und Stahlindustrie und um die als Zukunftstechnologie betrachtete Atomenergie. Die Gründer der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) waren sich völlig einig, dass in keiner dieser Fragen, weder der politischen, noch der wirtschaftlichen, noch der technologischen ein Staat alleine international konkurrenzfähig wäre, oder mächtig genug, die eigenen Vorstellungen durchzusetzen. Nur der Verbund von Staaten könne die nötige Kraft entfalten. Im gleichen Geist und mit der nämlichen Begründung wurde mit den Maastricht-Verträgen von 1992 die EWG zu Europäischen Gemeinschaft und 2009 mit dem Lissabon-Vertrag zur Europäischen Union.
Im Eigeninteresse der Exportnation Deutschland
Immer war das Thema, die Großen müssen den Kleineren helfen. Nicht aus Altruismus, sondern weil nur so alle zusammen stärker werden. Die Nettozahler wussten, dass der gemeinsame Binnenmarkt den Absatz ihrer Produkte förderte. Besonders galt das immer für Exportweltmeister Deutschland. Nichts daran ist falsch geworden. Schon gar nicht im Corona-begingten gewaltigsten Wirtschaftseinbruch seit 1945.
Mit der Prognose von nur 7 Prozent Wirtschafts-Rückgang steht Deutschland sehr gut da, aber richtig ist auch: Die Exporte sind um 31 Prozent weggebrochen. Es ist also im ureigensten deutschen Interesse, die Kaufkraft im wichtigsten Absatzmarkt für deutsche Produkte, der EU also, zu verbessern. Alle europäischen Staaten brauchen diese Konjunkturspritze bei gleichzeitigem Umsteuern in grüne Zukunftstechnologie. Niemand kann das alleine leisten. Gemeinsam wird es für alle schaffbarer und billiger.
Keine Eurobonds durch die Hintertür
Das Rettungspaket selbst ist richtig und nötig, um die europäische Wirtschaft wieder anzukurbeln. Die Stoßrichtung, den Schwerpunkt der Fördergelder dabei auf grüne Zukunftstechniken zu legen, ist gleichermaßen richtig. Und wenn Konservative noch so sehr aufstöhnen: Auch die Finanzierung über ab 2027 rückzahlbare Anleihen, die gemeinsam von allen EU-Mitgliedsstaaten zu zahlen sind, ist der absolut richtige Schritt.
Es handelt sich dabei auch nicht, wie Rechte glauben machen wollen, um „verkappte Eurobonds“. Bei Eurobonds wäre jeder einzelne Mitgliedsstaat im Fall der Fälle gesamtschuldnerisch haftbar. Eine geradezu irre Vorstellung für die ökonomischen Möglichkeiten (nicht nur) der kleineren Länder, wie Malta oder Luxemburg. Bei den jetzt geplanten Form haftet jedes Land gemäß seiner jeweiligen Wirtschaftskraft „nur“ mit dem eigenen Anteil am europäischen Sozialprodukt. Für Deutschland sind das 27 Prozent. Auch das kein Pappenstil, aber eben auch nicht 100 Prozent.
Was braucht es noch, um Skeptiker zu überzeugen? Vielleicht ja dies: Auch Deutschland soll 30 Milliarden Euro Zuschuss bekommen.