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Warum 2015 das entscheidende Jahr für die Entwicklungspolitik ist

Am Sonntag beginnt in Addis Abeba die dritte Internationale Konferenz zur Entwicklungsfinanzierung. Sie ist der Auftakt zu einem Konferenz-Marathon bis zum Ende des Jahres. Bärbel Kofler, entwicklungspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, sagt, worauf es in Addis Abeba ankommt.
von Bärbel Kofler · 10. Juli 2015
Entwicklungspolitik
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2015 ist ein Jahr großer entwicklungspolitischer Weichenstellungen, da drei UN-Konferenzen zur Neuausrichtung der internationalen Klima- und Entwicklungspolitik anstehen. Kommende Woche findet die Konferenz zur Entwicklungsfinanzierung in der äthiopischen Haupstadt Addis Abeba statt, gefolgt vom UN-Gipfel in New York zur neuen Nachhaltigkeitsagenda, die im September das alte Rahmenwerk der Millenniumsziele ablösen wird. Im Dezember endet das Gipfeljahr mit der internationalen Klimakonferenz in Paris, auf der ein großer Erfolgsdruck lastet, da hier ein Nachfolgeabkommen für das Kyoto-Protokoll beschlossen werden soll.

Daher war auch das Treffen der G7 in Elmau Anfang Juni geprägt von klima- und entwicklungspolitischen Themen. Die Beschlüsse von Elmau greifen die globalen Herausforderungen in den Bereich der Armutsbekämpfung, der Nachhaltigkeit und des internationalen Klimawandels auf, allerdings bleibt die Frage der Umsetzung und Finanzierung weitgehend offen.

Das ursprünglich bereits bis 2015 zugesagte „Millennium“-Ziel, 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens für Entwicklungsfinanzierung zur Verfügung zu stellen, ist zwar in die Abschlusserklärung des Gipfels in Elmau aufgenommen worden, es soll aber erst im Jahr 2030 erreicht werden. Nun brauchen wir zumindest eine verbindliche Zeitschiene, die den finanziellen Rahmen bis dahin glaubwürdig darstellt. Denn Glaubwürdigkeit erreichen wir gegenüber den Entwicklungsländern nicht mit der reinen Erneuerung eines Versprechens, das wir in diesem Jahr bereits verfehlt haben.

Konsens für eine nachhaltige globale Entwicklung

Glaubwürdigkeit ist jedoch eine wesentliche Voraussetzung für den Erfolg der UN-Konferenz in Addis Abeba, bei der die Weichen für die Entwicklungsfinanzierung der kommenden 15 Jahre gestellt werden sollen und deren Ergebnis maßgeblich für den Erfolg der beiden folgenden UN-Gipfel in diesem Jahr sein wird. In Addis muss es gelingen, einen Konsens zu finden zur Verantwortung aller Länder für eine nachhaltige globale Entwicklung. Entscheidend ist dabei ein fairer Lastenausgleich zwischen Industrie-, Schwellen- und Entwicklungsländern, der auf dem Gerechtigkeitsprinzip einer gemeinsamen, aber differenzierten Verantwortung beruht.

Ein zuverlässiger Aufwuchs der öffentlichen Entwicklungsfinanzierung ist dafür Voraussetzung und kann auch nicht ersetzt werden durch private Investitionen, so dringend wir diese als Ergänzung zu öffentlichen Haushaltsmitteln auch benötigen.

Transnationale Unternehmen zahlen 500 Milliarden Steuern zu wenig

Die Stärkung nationaler Steuersysteme ist ohne Frage ein wichtiges Thema, das unbedingt auf die Agenda der Konferenz in Addis gehört. Erik Solheim, Vorsitzender des Entwicklungsausschusses der OECD, stellte in einem Interview im Mai 2015 zutreffend fest, dass eine Erhöhung der Steuereinnahmen aller Entwicklungsländer um nur ein Prozent einer Verdoppelung der derzeitigen öffentlichen Entwicklungsfinanzierung entspräche.

Dabei darf man jedoch nicht vergessen, dass ein funktionierendes Steuersystem ohne entsprechende Aufbauleistung nicht zu erreichen ist. Nach aktuellen Schätzungen der UN gehen den Steuerbehörden weltweit derzeit jährlich 500 Milliarden US-Dollar durch Steuervermeidung von transnationalen Unternehmen verloren. Das ist eine unglaubliche Summe, das müssen wir ändern.

Historische Chance, die Weichen für eine nachhaltige Entwicklung zu stellen

Ein wichtiges Thema für die Konferenz in Addis ist daher auch die Verbesserung der internationalen Steuerkooperation. Gelingt es bei der UN-Konferenz in Addis Abeba diese Themen voranzubringen und einen verlässlichen Finanzierungspfad für Entwicklung zu entwickeln, wird das den Weg für die folgenden beiden UN-Gipfel ebnen. Bei der UN-Konferenz in New York im September wird es dann um nichts Geringeres gehen als ein neues internationales Rahmenwerk für nachhaltige Entwicklung. Die neue Agenda soll die noch unvollendeten Bereiche der auslaufenden Millenniumsentwicklungsziele aufgreifen und zugleich neue Ziele setzen, um den zukünftigen globalen Herausforderungen Rechnung tragen zu können.

Die drei UN-Konferenzen in diesem Jahr bieten damit eine historische Chance, um die richtigen Weichen für nachhaltige Entwicklung zu stellen. Wir dürfen sie nicht versäumen.

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Bärbel Kofler
Bärbel Kofler

ist Bundestagsabgeordnete aus Traunstein und Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und Humanitäre Hilfe.

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