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Verhandlungen in Paris: Signale für die klimafreundliche Transformation

Halbzeit in Paris. Nach der ersten Verhandlungswoche beim Klimagipfel gibt es positive Signale, dass es am Wochenende zu einem neuen Abkommen kommen könnte. Einige Klippen gilt es jedoch noch zu umschiffen. Eine Übersicht
von Klaudia Starke · 8. Dezember 2015
Barbara Hendricks auf der COP21
Barbara Hendricks auf der COP21

Das hat weh getan. Bei den französischen Regionalwahlen am vergangenen Sonntag legte der rechtsradikale Front National in Frankreich stark zu. Für den französischen Außenminister und COP21-Präsidenten Laurent Fabius bedeutet das zusätzlichen Druck. Denn am gestrigen Montag hat in Paris die heiße Verhandlungsphase zum Klimaschutzabkommen begonnen. Ein erfolgreiches Ergebnis könnte für die Sozialisten beim zweiten Wahlgang am kommenden Sonntag durchaus ein Pluspunkt sein. Vorausgesetzt, es wird eine Einigung bei den vielen strittigen Fragen erzielt.

Bereits bis Mittwochmorgen will Fabius für die alles entscheidenden Finanzierungsvereinbarungen finale Formulierungen sehen. Dabei geht es nicht nur um die 100 Milliarden Euro jährlich, die ab 2020 für den Kampf gegen den Temperaturanstieg aufzubringen sind. Auch Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel wollen bezahlt werden, und zwar heute schon und nicht erst in fünf Jahren.

Besonders brisant ist dabei die Frage, ob wie bisher nur die Industrieländer ihren Beitrag leisten oder auch die Länder, die inzwischen dazu wirtschaftlich in der Lage und bereit sind. So zählt Saudi-Arabien immer noch als Entwicklungsland ohne Zahlungsverpflichtung. Gleichzeitig könnte die Gruppe der Erdölproduzenten das Zustandekommen einer Einigung völlig blockieren.

Was die Begriffe „Dekarbonisierung“ und „Klimaneutralität“ bedeuten

Als Misserfolg würde auch ein stark verwässertes Abkommen gelten. Der Teufel steckt hier im Detail, in vorzugsweise schwammigen Formulierungen. Als Langfristziel ist zwar die Begrenzung der globalen Erwärmung auf zwei Grad bereits anerkannt. Sogar die von den stark betroffenen Ländern und vielen kleinen Inselstaaten geforderte 1,5-Gradmarke kommt immer stärker ins Gespräch. Doch bei der Umsetzung scheiden sich die Geister.

„Wie sprechen von Dekarbonisierung oder Klimaneutralität“, sagte die deutsche Umweltministerin Barbara Hendricks. Zwischen beiden Optionen liegen jedoch Welten, wie Martin Kaiser von Greenpeace erläutert : „Mit dem Ziel der Dekarbonisierung bis 2050 gibt man ein klares Signal, dass Kohle, Öl und Gas zur Jahrhundertmitte Auslaufmodelle sind“, sagte er bei einer Pressekonferenz am Montag. „Klimaneutralität“, der von der EU verteidigte Begriff, sei dagegen völlig nichtssagend. Von ihrer ehemaligen Vorreiterrolle als Zugpferd der Verhandlungen sind die Europäer damit weit entfernt.

Geld allein reicht nicht

Wie wichtig ein klares fossiles Ausstiegsbekenntnis ist, betonte auch UN-Generalsekretär Ban Ki-moon In seiner Eröffnungsrede zur zweiten Verhandlungswoche: „Der private Sektor braucht ein klarer Signal, dass die emissionsarme Transformation der Weltwirtschaft unvermeidlich, hilfreich und bereits im Gang ist.“

Dazu passt, dass beispielsweise Indien bereits am vergangenen Montag die „International Solar Alliance (ISA)“ lancierte. Außerdem präsentierte der ägyptische Umweltminister Khaled Fahmi gestern am Rande der Verhandlungen eine afrikanische Initiative, die bis zum Jahr 2030 dreihundert Gigawatt an Erneuerbaren Energien installieren möchte. Zur Unterstützung des ambitionierten Vorhabens hat eine Gruppe von Industrieländern zunächst zehn Milliarden Dollar zugesagt. Drei Milliarden davon kommen aus Deutschland.

Mit der Finanzierung allein ist es aber nicht getan. Minister Kahled Fahmi betonte, dass vor allem die Subventionen für fossile Brennstoffe in Afrika ein großes Hindernis darstellten. Ohne die nötigen politischen Reformen sei die Umstellung auf Erneuerbare Energien deshalb nicht durchzusetzen.

Umweltverbände fordern Nachbesserungen bei Klimazielen

Dies gilt nicht nur für Afrika. „Es ist unzumutbar, dass sich die deutsche Regierung hier im Rampenlicht für den nötigen Wandel stark macht, während Minister Gabriel zuhause immer noch die Kohle fördert“, ärgerte sich Jules Kortenhorst vom amerikanischen Think Tank „Rocky Mountain Institute“. Der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger forderte Umweltministerin Hendricks deshalb auf, diese Glaubwürdigkeitslücke zu schließen und aus der Kohle auszusteigen. Außerdem müsse die Ministerin die Europäische Union davon überzeugen, dass ihre Mitgliedsstaaten schon vor Inkrafttreten des Klimavertrags ihre nationalen Ziele zur CO2-Minderung nachbessern.

Was aber, wenn tatsächlich am Ende eine ambitionierte Vereinbarung zu Stande kommt und die internationale Kohle-, Öl- und Gasindustrie sich massiv bedroht fühlt? Die kanadische Publizistin Maude Barlow warnt davor, dass Unternehmen in Zukunft vor privaten Schiedsgerichten ihr Recht auf schmutzige Gewinne einklagen könnten. Deshalb setzt sie sich für die Aufnahme einer Ausnahmeregelung im geplanten Abkommen ein, die genau das verhindern soll. Auch dieser Vorschlag gehört zu den Optionen, die in den nächsten Tagen beraten werden. Der Ausgang bleibt bis zur letzten entscheidenden Nacht ungewiss.

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Klaudia Starke

ist freie Journalistin.

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