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SPD zu Brexit-Referendum: „Ein schlechter Tag für Europa“

Nach dem Referendum der Briten für den EU-Austritt zeigt sich die SPD-Spitze besorgt und ernüchtert. Europa müsse sich stärker seinen Bürgern zuwenden. Gefragt sei jetzt Mut, nicht Depression.
von Lars Haferkamp · 24. Juni 2016
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Es ist 6.19 Uhr am Tag nach dem britischen Referendum, als sich SPD-Chef Sigmar Gabriel via Twitter zu Wort meldet: „Damn! Ein schlechter Tag für Europa“, so der Vizekanzler. Damit bringt er die Stimmungslage und Analyse der deutschen Sozialdemokratie so ziemlich auf den Punkt.

Im Reichstag ruft Gabriel am Vormittag dazu auf, jetzt nicht zu „jammern“. Es gebe auch „ein starkes Signal der Hoffnung“: Fast drei Viertel der Wähler unter 25 Jahren hätten für die EU votiert. Auch deshalb dürfe man jetzt „nicht die Zugbrücken hochziehen“. Die Entscheidung der Briten sei auch „eine Chance für einen Neuanfang“.

Gabriel: „Kurs auf die Bürger nehmen“

Der SPD-Chef fordert, wieder „Kurs auf die Bürger“ zu nehmen in den Problemfeldern Arbeitslosigkeit, Flüchtlingskrise und Währungsunion, damit die „Menschen in Europa Hoffnung auf ein gutes Leben haben“. Die Bürger müssten wieder merken, „dass die EU ihnen hilft“.

Dafür müsse auch Deutschland mehr tun, statt mit dem erhobenen Zeigefinger durch Europa zu gehen, so Gabriel. „Nur durch Sparen alleine entsteht für die junge Generation Europas keine Arbeit.“ Er erwarte, „dass auch in der Bundesregierung noch einmal neu debattiert wird, wie unsere Investitionen in die Zukunft Europas die Lage für die Menschen verbessern kann.“

Steinmeier: Trauriger Tag für Großbritannien und Europa

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier teilt  über den Twitter-Account des Auswärtigen Amts mit: „Die Nachrichten aus Großbritannien sind wahrlich ernüchternd. Es sieht nach einem traurigen Tag für Europa und Großbritannien aus.“ Für Samstag hat Steinmeier die Außenminister der EU-Gründerstaaten Frankreich, Italien, Niederlande Belgien und Luxemburg nach Berlin eingeladen zu einem ersten Meinungsaustausch nach dem Brexit.

Der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Thomas Oppermann nennt das britische Votum in einer Erklärung „eine Ernüchterung für Europa, aber nicht sein Ende.“ Die Entscheidung der Briten sei ein Weckruf. „Es geht jetzt darum, ein besseres Europa zu machen, dass sich den Menschen zuwendet. Wir müssen das Misstrauen gegenüber Europa, den wachsenden Nationalismus und die große Distanz zwischen den Institutionen der Europäischen Union und den Bürgern endlich überwinden“, fordert der SPD-Fraktionschef. Die EU solle sich auf die große Herausforderungen Flüchtlingskrise, Arbeitslosigkeit und Sicherheitspolitik konzentrieren.

Martin Schulz: Erwarte keine Kettenreaktion

EU-Parlamentspräsident Martin Schulz tritt im ZDF Befürchtungen vor einem Dominoeffekt in der EU entgegen. „Wir haben uns auf einen Brexit vorbereitet“, sagt er. Mit einer „Kettenreaktion“ rechne er nicht. „Ich glaube nicht, dass andere Länder dadurch ermutigt werden, diesen gefährlichen Weg zu gehen", so Schulz weiter. Darüber habe er am frühen Morgen bereits mit dem französischen Präsidenten François Hollande gesprochen.

Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) fordert via Twitter, aus dem Brexit nun das Bestmögliche für Europa machen. Es gelte jetzt nach vorn zu schauen: „Was jetzt in EU zählt: Mut statt Depression, junge Generation in Großbritannien nicht allein lassen“, schreibt er.

Schäfer-Gümbel: Unfassbares Desaster

Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) mahnt, die Entscheidung der Briten zu respektieren. „Wir brauchen ein besseres Europa, das sich mehr den Menschen zuwendet.“ SPD-Vize Thorsten Schäfer-Gümbel erklärt zum britischen Referendum: „Unfassbar dieses Ergebnis! Ein Desaster für Großbritannien und Europa.“

Autor*in
Lars Haferkamp
Lars Haferkamp

ist Chef vom Dienst und Textchef des vorwärts.

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