"Wir sind isoliert und enttäuscht," sagt Wenseslao Mansogo Alo, Mitglied der Oppositionspartei Convergencia para la Democracia Social (CSD) in Äquatorialguinea, "wir tun, was wir können, doch die internationale Gemeinschaft lässt uns mit der Diktatur allein."
Wahlkampf im Verborgenen
Keine Journalisten, kein Recht auf freie Meinungsäußerungen und jede Wahlurne wird von Militärs oder Mitgliedern der Regierungspartei Partido Democrático de Guinea Ecuatorial, (PDGE)
kontrolliert - unter diesen Bedingungen wurde am 29. November die diesjährige Präsidentschaftswahl im zentralafrikanischen Äquatorial Guinea abgehalten. Die vier Oppositionskandidaten wurden
verfolgt und eingeschüchtert, Wahlkampf konnten ihre Anhänger nur im Verborgenen führen.
Am Ende erklärte sich der seit der Unabhängigkeit des Landes regierende Präsident Teodoro Obiang Nguema für weitere sieben Jahre zum Staatsoberhaupt. Laut Innenministerium soll er genau
96,7 Prozent der Stimmen erhalten haben. Eine unabhängige Wahlkommission gab es in dem zentralafrikanischen Land ebenso wenig wie internationale Wahlbeobachter.
Armut trotz Reichtum
Dafür aber viel Öl. Seit der amerikanische Ölkonzern Exxon in den neunziger Jahren riesige Ölvorkommen vor den Küsten des Landes entdeckte, stieg Äquatorial Guinea zum drittgrößten Ölexporteur
Afrikas auf und sein Präsident zum gnadenlosen Diktator. "Präsident Obiang Nguema gehört zu den korruptesten Herrschern der Welt," sagt Arvind Ganesan von der Menschenrechtsorganisation Human
Rights Watch, "er kann sich uneingeschränkt in der Staatskasse bedienen, in der die Erlösen aus dem Ölgeschäft fliessen, die eigentlich der Bevölkerung zustehen. Darüber hinaus kontrolliert er
die Medien und das politische Leben."
Eigentlich könnte das Land eines der reichsten Afrikas sein. Das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf beträgt etwa 31.000 US-Dollar, der Ölsegen bedeutet jedoch eher ein Fluch. Etwa 60 Prozent der
Äquatorialguineer leben in extremer Armut, es gibt kein öffentliches Schulsystem und auf dem Index für menschliche Entwicklung liegt das Land auf den hinteren Plätzen. Mit der Entdeckung des Öls
1994 hat die Kindersterblichkeit sogar noch zugenommen.
"Wahlen sind bei uns nur Fassade," sagt Wenseslao Mansogo Alo von der Opposition. "Die Menschen werden mit Wahlgeschenken gekauft. Mal ein T-Shirts, ein paar Medikamente oder Lebensmittel
ersetzen die Demokratie. Und wer nicht spurt, wird mit Gewalt eingeschüchtert."
Am 4. Mai letzten Jahres fanden in Äquatorialguinea Parlamentswahlen statt. Der Slogan mit dem die Oppositionsparteien auf Stimmenfang gingen lautete: "Besiege Deine Angst." Gebracht hat
auch das wenig. Denn in den Wahlbüros mussten die Menschen ihre Kreuzchen vorzeigen, die Regierungspartei entschied, 98 Abgeordnete zu stellen, die Opposition bekam zwei Sitze im Parlament.
Human Rights Watch fordert Ende der Diktatur
"Die Leute wählen den Präsidenten, damit sie überleben können und ihre Arbeitsplätze behalten," sagt der ehemalige US-Botschafter in dem zentralafrikanischen Land, John Bennett, "Obiang übt
eine derart enge Kontrolle aus, dass es für die Zivilgesellschaft keine Luft zum Atmen gibt."
Die wichtigsten Handelspartner sind die Vereinigten Staaten von Amerika, China, Frankreich und Spanien. Doch weder Washington noch Brüssel, weder Paris noch Madrid äußern sich zu der
brutalen Diktatur und den scheinheiligen Wahlen in der einstigen spanischen Kolonie. "Die USA oder die Europäische Union hätten die Macht, das Regime unter Druck zu setzen," sagt Wenseslao
Mansogo Alo, "doch sie denken nur an die Öl- und Gaslieferungen, die Menschen hier lassen sie im Stich."
Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch hat im Juli einen ausführlichen Bericht über die Lage der Menschenrechte in dem zentralafrikanischen Staat veröffentlicht. Der Titel
lautet: "Gut geschmiert: Öl und Menschenrechte in Äquatorial Guinea." Darin fordert sie die Regierungen des Westens auf, ihren Außenhandel an die Einhaltung der Menschenrechte zu knüpfen und auf
eine Demokratisierung des Landes zu drängen. "Wenn jemand etwas tun kann, dann wir," sagt Arvind Ganesan, Zentralafrika-Experte von Human Rights Watch in Washington.
"Dies ist ein Land, dessen Bürger über das Pro-Kopf-Einkommen von Spanien oder
Italien verfügen sollten; stattdessen herrscht eine größere Armut als in Afghanistan oder im Tschad. Das ist ein Beleg für Korruption, Misswirtschaft und Gleichgültigkeit der Regierung
gegenüber der eigenen Bevölkerung."
Arvind Ganesan, Direktor der Abteilung Wirtschaft und Menschenrechte
Human Rights Watch - Well Oiled: Oil and Human Rights in Equatorial Guinea
http://www.hrw.org/en/reports/2009/07/09/well-oiled-0
arbeitet als freier Autor mit Schwerpunkt Afrika, Lateinamerika und Naher Osten.