Sieben Jahre Gefängnis wegen Amtsmissbrauchs, lautet das Urteil von Richter Rodion Kirejew gegen die ehemalige Präsidentin der Ukraine Julia Timoschenko. Seine Begründung: Sie habe ihren Posten zu "kriminellen Zwecken" genutzt und mit Russland Gasverträge zum Nachteil der Ukraine abgeschlossen. Schweigend verfolgte die 50jährige Politikerin die Urteilsverkündigung im Gerichtssaal in Kiew. Nichts hatten die Proteste ihrer Unterstützer genutzt. Nichts die Warnungen der USA sowie der Europäischen Union. Sie selber hatte kurz zuvor gemeint: "Die Strenge des Urteils, das gegen mich gefällt wird, hängt davon ab, inwieweit Präsident Janukowitsch unmoralisch ist.
Verfahren belastet die Beziehungen zu Berlin
Julia Timoschenko, so lautete die Anklage soll durch Gasverträge mit Russland 2009 der Ukraine einen Schaden von 137 Millionen Euro zugefügt haben. Diesen Vorwurf wiederholte nicht nur Richter Kirejew am Vormittag im Gerichtssaal. Er hielt es auch für erwiesen, dass die Politikerin schuldig ist und folgte damit dem von der Staatsanwaltschaft geforderten Strafmass. Dass sie und das Gericht unabhängig entschieden haben wird nicht nur von der Verurteilten bezweifelt: "Das Urteil fällt nicht der Richter Rodion Kirejew, sagte Frau Timoschenke in einer Gerichtspause, "was für ein Urteil gefällt wird und wie viel Jahre Haftstrafe ich bekomme - das hängt davon ab, wie unmoralisch Janukowitsch ist und wie stark gegen das Gesetz verstoßen wird."
Es handele sich um einen politischen Prozess. Eine Auffassung die auch von der EU und den USA geteilt wird. Die hatten das Verfahren in der früheren Sowietrepublik als "politisch motiviert" kritisiert und darüber hinaus, die Staatsführung der Ukraine vor einer Isolierung gewarnt. Tatsächlich belastet das Verfahren gegen Frau Timoschenko auch die Beziehungen der Ukraine zu Deutschland. Nun wird sich schon sehr bald zeigen, ob Brüssel seine Warnung, im Falle einer Verurteilung von Frau Timoschenko das zentrale Wirtschaftsabkommen mit der Regierung in Kiew einzufrieren.
Ein inszenierter Rachfeldzug
Schon vor der Verkündung des Gerichtsurteils hatte Präsident Viktor Janukowitsch es abgelehnt, in das Verfahren einzugreifen. Kritiker in der Ukraine zeigten sich über dieses Verhalten empört, weil sie die Ansicht vertreten, ohne Janukowitsch und seine Anhänger wäre es nie zu einem solchen Prozess gekommen. Wie Julia Timoschenko, der Anführerin der demokratischen Orange Revolution auch bezeichneten sie das gesamte Verfahren als einen "inszenierten Rachefeldzug von Janukowitsch, um die prowestliche Opposition im Land auszuschalten".
Im Zentrum der ukrainischen Hauptstadt hatten mehrere Hundertschaften der Polizei das Gerichtsgebäude abgeriegelt. Chaotische Zustände herrschten, denn hunderte ihrer Anhänger sowie eine größere Zahl ihrer Gegner hatten sich vor dem Gericht versammelt.
Noch während der Urteilsverkündung, der sie mit regungsloser Mine folgte, kündigte Julia Timoschenko an, sie werde sich nun an den Europäischen Gerichtshof wenden. "Ich werde um meinen ehrlichen Ruf bis zum Schluss kämpfen", und bezeichnete den Richter als eine Marionette von Viktor Janukowitsch. Gegen ihn hatte sie die Wahlen im Februar 2010 knapp verloren.
ist Journalist, Gast-Dozent für Fernsehdokumentation und -reportagen an der Berliner Journalistenschule und an der Evangelischen Journalistenschule in Berlin sowie Honorarprofessor im Studiengang Kulturjournalismus an der Berliner Universität der Künste (UdK).