Dass die Menschen über sozialdemokratische Außen- und Sicherheitspolitik zu wenig wissen, hat mehrere Gründe: Die Entscheidung Gerhard Schröders, sich am Irakkrieg nicht zu beteiligen, ist
"konsumiert", die Konsequenz, dass Deutschland nach seiner staatlichen Einheit nach internationalem Recht ein normaler Staat geworden ist, wurde nicht wirklich ins allgemeine Bewusstsein
aufgenommen. Die strategische Partnerschaft zu Russland hat Angela Merkel übernommen und wiederholt.
Der Dienst für das eigene Land
In der Großen Koalition hat der Vizekanzler und Außenminister eine unentbehrliche Rolle gespielt, weniger an der Schärfung des eigenen Profils interessiert als am Dienst für das eigene Land
orientiert. Ohne diese zuweilen Disziplin erfordernde Eigenschaft hätte die Kanzlerin manchen mehr oder weniger geglückten Ausflug in die Außenpolitik nicht unternehmen können, ohne ein kostbares
Kapital unseres Landes zu gefährden oder sogar zu zerstören.
Seit Helmut Kohl als Bundeskanzler die vorher leidenschaftlich bekämpfte Ost- und Entspannungspolitik der Sozialliberalen Koalition übernahm und mit zinslosen Krediten an die DDR
untermauert hat, hat das Land praktisch eine von allen Parteien (die Linke ausgenommen) getragene Außen- und Sicherheitspolitik. Sie hat durch ihre Berechenbarkeit Ansehen und Gewicht
Deutschlands gemehrt. Dieses hohe Gut hat einen eigenen Wert.
Die Weite einer "modernen Außenpolitik"
Er braucht auch durch Afghanistan nicht gefährdet zu werden, zumal Frank-Walter Steinmeier das Markenzeichen "Vorausschauende Außenpolitik" gewonnen hat. Er hat Voraussetzung umfassender
Stabilität für die Region von Pakistan bis zur Türkei und damit Bedingungen für Reduzierung und Beendigung unseres bisherigen Einsatzes dort schon seit dem Sommer letzten Jahres ins Auge gefasst.
Aus der Union wurde er zuweilen dafür kritisiert, noch bevor der jetzige Verteidigungsminister sich die sozialdemokratische Überzeugung zueigen machte, dass der Krieg in Afghanistan militärisch
nicht zu gewinnen ist.
Steinmeier hat für das Buch ein Vorwort geschrieben, das umfassend die ganze Weite einer "modernen Außenpolitik" darstellt. Von Klimabewahrung über Sicherung der Energie- und
Wasserversorgung reichen die globalen Fragen, für die respektvolle Zusammenarbeit auch mit Staaten anderer Kulturen und Wertvorstellungen unerlässlich ist. Dabei erfährt man von erfolgreichen
Initiativen, wie etwa in Zentralasien, die hier fast unbekannt geblieben sind. Es ist ein in die Zukunft gerichtetes Programm, gewachsen aus der stolzen Tradition Willy Brandts, dass ohne Frieden
alles nichts ist. Gernot Erler entfaltet das gewaltige Panorama im Einzelnen. Wer künftig bei Schlüsselfragen mitreden will, die nicht auf spannende Innenpolitik beschränkt sind, wird die
"Mission Weltfrieden" mit Gewinn lesen.
Gernot Erler: Mission Weltfrieden: Deutschlands neue Rolle in der Weltpolitik, Verlag Herder, Freiburg 2009, 19,95 Euro, 256 Seiten, ISBN 978-3451301100
war Bundesminister für besondere Aufgaben und Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit.