Am 8. März 2012 kam es in Berlin zu einer seltenen Begegnung. Der ehemalige PLO-Vertreter in Deutschland, Abdallah Frangi (1993-2005), und der ehemalige israelische Botschafter in Berlin, Schimon Stein, saßen gemeinsam auf dem Podium in der Friedrich Ebert Stiftung. Schimon Stein hatte als Botschafter und Diplomat seines Landes (2001-2007) in Deutschland ein Treffen immer abgelehnt. Als „Privatmann“ war er dazu jetzt bereit.
„Hinter den Kulissen der Nahostpolitik“ hieß das Thema des Abends. Es ist zugleich der Untertitel des Buches von Abdallah Frangi mit dem Titel „Der Gesandte“ (Heyne Verlag). Moderiert wurde die Veranstaltung von der Journalistin Renate Faerber-Husemann.
Unbehagen über die Siedlungspolitik
Ingrid Matthäus-Maier sagte in ihrer Begrüßungsrede als Vorsitzende des Stiftungs-Kuratoriums der FES: „Jeder muss auf seiner Seite etwas tun. Wir als Stiftung sind mit Israel seit Jahrzehnten in enger Freundschaft verbunden. Aber wir stellen zunehmend ein Unbehagen in Deutschland fest, wenn wir über den Siedlungsbau der israelischen Regierung sprechen. Dieses Unbehagen bitte ich trotz weiter bestehender Freundschaft zu Israel zu verstehen. Heute wollen wir hören, wie es mit den Siedlungen, wenn es dann einmal zwei Staaten geben wird.“
Shimon Stein galt als israelischer Botschafter in Berlin als „Hardliner“. Als „Privatmann“ aber hat sich seine Meinung geändert. Der erste PLO-Vertreter in Deutschland, Abdallah Frangi, hat sich auch vom militanten Palästinenser-Kämpfer zum Apostel der gemeinsamen Friedens-Verständigung gewandelt. Frangi zog daher eine Linie vom Kampf gegen Israel bis hin zum Oslo Abkommen von 1993. Damit schlossen Yassir Arafat und Itzak Rabin Frieden. Viele Pläne wurden geschmiedet, viele Träume geträumt. „Aber“, so Frangi, „mit dem Tod von Rabin war alles vorbei. Seither hat sich nichts bewegt. Nichts. Wir haben unseren Staat bis heute nicht, wir wollen ihn aber haben. Aber eines weiß ich heute: Mit Krieg werden wir nichts erreichen. Wir müssen reden.“
Eine Heimstatt für die Juden
Der studierte Historiker Shimon Stein antwortete mit einem Rückblick auf die Geschichte. „Der Zionismus entstand vor über 140 Jahren. Die Juden konnten sich zu dieser Zeit nirgendwo als Kollektiv entfalten. Deswegen wurde der Gedanke der Heimstatt in Palästina erdacht. Wir müssen heute neu denken, wir müssen über neue Pläne für die Zukunft pragmatisch sprechen. Momentan ist niemand in der Lage, den Konflikt umfassend zu lösen. Wie also kommen wir weiter?“ Der PLO-Diplomat Frangi nannte eine schwere Hürde für Gespräche: „Die Siedler sind eine einzige Provokation. Sie müssen weg.“ Stein nickte. „Ich habe dazugelernt, ich bin gegen die Siedlungspolitik. Aber wie bekommen wir es hin, dass die Siedler von dort, wo sie wenig Miete zahlen, in Städte Israels umziehen können, wo es sehr viel teurer ist? Nur ganz wenige Siedler sind Ideologen, die sich auf Gott berufen.“
Mit den Siedlern – unmöglich!
Frangi blieb dabei: „Wir wollen die Siedler nicht haben. Sie haben im Staat Palästina nichts zu suchen. Vor allem müssen die Juden uns vertrauen, wir müssen den Juden vertrauen. Alle sind jetzt für eine Zwei-Staaten Lösung. Macht es also. Aber mit den Siedlern geht es nicht.“
Schimon Stein wurde in seiner Sprache jetzt etwas schärfer: „Ich sehe auf beiden Seiten keine guten Aussichten für eine Zwei-Staatenlösung. Ich glaube auch nicht, dass ihr Präsident Abbas dazu in der Lage ist, das durchzusetzen. Und ich glaube auch nicht, dass er das will. Ich will eine Zwei-Staaten Lösung, aber keine Lösung, in der die Juden wieder als Minderheit leben. Das wollen wir auf gar keinen Fall und deswegen muss der jüdische Staat klar definiert werden mit sicheren Grenzen und anerkannt sein von seinen Nachbarn. Und umgekehrt muss der palästinensische Staat ebenfalls anerkannt und gesichert sein. Ein Austausch von Land muss möglich sein und wäre auch möglich. Ich sehe nicht, dass die Grenzen künftig auch da sind, wo die Siedlungen heute sind. Es wird also ein Abzug sowohl der Siedler wie auch des Militärs geben müssen. Die Linien von 1967 könnten eine Basis sein für die Grenzen. Auch Jerusalem könnte Hauptstadt des Staates Israel sein - aber auch Hauptstadt eines Staates Palästina. Momentan ist das alles unlösbar.“
Abdallah Frangi ergänzte: „Wir müssen die Identität der Palästinenser wiederherstellen. Die Sicherheit Israels wird nur garantiert werden können, wenn auch die Grenzen Palästinas anerkannt sind. Wir müssen zu einem friedlichen Nebeneinander kommen, sonst gibt es keinen Frieden - weder in Palästina noch in Israel.“
Nur eine Zwei-Staaten Lösung
Schimon Stein bekräftigte jetzt im Spiel der Worte: „Ich will einen jüdischen Staat. Ich möchte nie wieder eine Minderheit in einem Staat sein. Das zu ändern war und ist das Ziel der Zionisten und das bleibt so! Wir brauchen daher zwei Staaten.“ Sein Schlusswort: „Nur wir allein können die Probleme lösen. Nicht die UNO: Oder wer auch immer. In den letzten 60 Jahren hat die UNO null beigetragen zu Lösung unseres Konfliktes. Und die Europäer sind ständig bemüht, Lösungen zu finden. Aber Europa schafft es nicht, sie kommen mit der Lage nicht zurecht. Daher müssen wir reden und endlich aufhören, uns gegenseitig nicht zu trauen.“ Frangi freundlich: „Wenn wir endlich gegenseitig alle vereinbarten Beschlüsse respektieren, dann haben wir Sicherheit und Frieden für alle.“ Da waren sich alle im Saal der FES einig.