Klimadialog: Warum Kanzler Scholz beim Klimaschutz optimistisch ist
Es ist der 14. Klimadialog, der bis Mittwoch in Deutschland stattfindet, mit zahlreichen Gästen aus aller Welt. Doch der Tagungsort ist nicht der namensgebende Petersberg bei Bonn, sondern das Auswärtige Amt in Berlin. Hier spricht, quasi zum Finale des Kongresses, Bundeskanzler Olaf Scholz. Während die meisten Wortmeldungen in der internationalen Klimadebatte besorgt bis alarmiert sind, setzt der Kanzler hier einen ganz anderen Akzent. Er betont, was alles bereits erreicht und vereinbart wurde und nimmt dies zum Anlass, zuversichtlich in die Zukunft des internationalen Klimaschutzes zu blicken.
Dazu verweist Scholz gleich zu Beginn seiner Rede auf einen inzwischen geflügelten Satz von Bill Gates. „Wir überschätzen immer den Wandel der nächsten zwei Jahre und unterschätzen den der nächsten zehn Jahre“, zitiert der Kanzler einen Satz von Gates, der von manchen sogar als „Gatessches Gesetz“ bezeichnet wird. Doch Scholz widerspricht: „Das zurückliegende Jahr, so scheint es, hat dieses Gesetz außer Kraft gesetzt.“
Deutschland in einem Jahr unabhängig von Gas aus Russland
Der Beleg des Kanzlers für seine These: „Russland völkerrechtswidriger Angriffskrieg gegen die Ukraine war nicht nur ein infamer Bruch der internationalen Friedensordnung.“ Er habe auch „ein grundlegendes Umsteuern befördert“ hinsichtlich der deutschen Energieversorgung. „Deutschland hat sich innerhalb weniger Monate komplett unabhängig gemacht von russischer Kohle, russischem Öl und russischem Gas“, betont Scholz und fragt ins Publikum, „wer hätte das vor einem Jahr für möglich gehalten?“.
Auch international sieht er Gründe zur Zuversicht. Zahlreiche Länder steuerten in ihrer Energieversorgung um. Eine Ursache dafür seien sicher auch „die zwischenzeitlichen Allzeithochs“ für Energie im vergangenen Jahr. Er sei „heute zuversichtlicher denn je, dass die Bewegung hin zu den erneuerbaren Energien anhält und sich immer weiter verstärkt“. Scholz' Bilanz des vergangenen Jahres fällt positiv aus. „Wie selten zuvor hat das Jahr 2022 unser Bewusstsein dafür gestärkt, wie gefährlich Abhängigkeiten von fossiler Energie sind, umwelt- und klimapolitisch, aber eben auch wirtschafts- und sicherheitspolitisch.“
Zwei Milliarden mehr für den Klimafonds
Eine gute Nachricht hat der Kanzler auch für ärmere Länder: Zu Ihren Gunsten will Deutschland zwei Milliarden Euro für den Grünen Klimafonds bereitstellen. Der Weg zur Klimaneutralität müsse auch finanziert werden, betont er. „Lassen Sie uns die Erfolgsgeschichte des Fonds weiterschreiben, er ist heute wichtiger als je zuvor“, so Scholz.
Der Bundesregierung nicht mehr um das „Ob“ beim Erreichen der Klimaziele, sondern nur noch um das „Wie“, um die Umsetzung. Heute sei klarer denn je: „Es gibt keine günstigere und sicherere Energie als erneuerbare Energie.“ Dies gelte für alle Orte der Welt, auch für die, die bisher noch keine verlässliche Energieversorgung haben. Aus diesem „Bewusstseinswandel“ entstehen für den Kanzler neue Chancen und neue Märkte.
Scholz glaubt an Wandel zum Positiven
Erneut nimmt Scholz Bezug zum „Gatesschen Gesetz“, zu dessen zweitem Teil: „Ich glaube, nach dem Wandel, den wir in den vergangenen zwölf Monaten vorangebracht haben, unterschätzt niemand mehr, welcher Wandel in den zehn kommenden Jahren möglich ist.“
Welche Kräfte diese Erkenntnis freisetze, sei auf der ganzen Welt zu beobachten. So seien etwa die Vereinigten Arabischen Emirate auf dem besten Weg, von einem der größten Exporteure fossiler Energie zu einem führenden Produzenten erneuerbarer Energie zu werden. In Kenia, das der Kanzler am Donnerstag besuchen wird, würden bereits heute über 90 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energien erzeugt. Bis 2023 sei das Ziel 100 Prozent. Brasilien decke schon heute die Hälfte seines Primärenergiebedarfes und rund 80 Prozent des Stromes aus erneuerbaren Energien.
Kanzler: „Wir lassen den Worten Taten folgen“
Eine „neue Entschlossenheit“ im Kampf für Klimaschutz sieht der Kanzler auch unter den Industriestaaten. Er verweist auf die klimapolitischen Erfolge des G7-Gipfels im deutschen Elmau und auf die Anstrengungen der US-Regierung von Präsident Biden. Auch der von Scholz ins Leben gerufene internationale Klimaclub finde eine große Resonanz, auch bei den Schwellenländern. „Folgen Sie diesem Beispiel!“, appelliert der Kanzler. Die „Aufbruchstimmung“ gelte es jetzt zu nutzen.
Für Deutschland heiße das: „Wir lassen den Worten Taten folgen.“ Die Bundesregierung formuliere nicht nur ambitionierte Ziele beim Klimaschutz, sie ebne dazu auch konkret den Weg. „Und zwar Tag für Tag, auf vielen einzelnen Baustellen.“ Damit Deutschland im Jahr 2030 80 Prozent seines Strombedarfes aus erneuerbaren Energien decken könne.
Zum Schluss ein Appell
Am Ende schließt der Kanzler den Bogen zu Bill Gates. Das zurückliegende Jahr habe gezeigt, wieviel Wandel in sehr kurzer Zeit möglich sei. Auf der nächsten Klimakonferenz in Dubai habe man die Chance, daran anzuknüpfen und dafür zu sorgen, dass das Gatessche Gesetz vielleicht umformuliert werden müsse: „Wir mögen unterschätzt haben, was wir alles in einem Jahr verändern können. Aber umso mehr wissen wir jetzt, wieviel Wandel in den nächsten zehn Jahren möglich ist.“ Scholz schließt die Konferenz mit dem Appell: „Lassen Sie uns diesen Wandel gemeinsam voranbringen!“