International

Katarina Barley: „Die Coronakrise darf kein Anlass für dauerhafte Schlagbäume sein.“

Die Europäische Union hat in der Coronakrise bisher keine allzu gute Figur gemacht. Katarina Barley wirbt um Vertrauen und fordert eine bessere Kommunikation. Grenzen sollten nur so lange geschlossen bleiben wie es unbedingt nötig ist.
von Kai Doering · 28. März 2020
Ich hoffe inständig, dass die Schließung der Binnengrenzen im Schengenraum nur von kurzer Dauer ist. Vize-Europaparlamentspräsidentin Katarina Barley
Ich hoffe inständig, dass die Schließung der Binnengrenzen im Schengenraum nur von kurzer Dauer ist. Vize-Europaparlamentspräsidentin Katarina Barley

In der Coronakrise wirkt die EU recht kopflos. Italien etwa fühlt sich allein gelassen. Trügt der Eindruck?

Mittlerweile zeigen sich viele EU Staaten solidarisch mit Italien. Deutschland hat beispielsweise als erstes Land Corona-Patienten von dort aufgenommen. Dennoch stimmt der Eindruck, dass die EU zu langsam mit einer koordinierten Antwort auf die Pandemie war. 

Droht die EU in der Coronakrise ihr ohnehin beschädigtes Vertrauen zu verspielen?

Die Bürgerinnen und Bürger erwarten in einer solchen Krisensituation zu recht, dass Europa ihnen konkret hilft. Das Problem ist, dass die EU in vielen der jetzt relevanten Bereiche – also Bevölkerungsschutz, innere Sicherheit, Bildung usw. – nicht die nötigen Kompetenzen hat, die liegen zum Großteil bei den Mitgliedsstaaten. Ich glaube, auf der Maßnahmenebene hat die EU mittlerweile viel getan, um Vertrauen zu schaffen. Sie hält den Binnenmarkt und die Lieferketten am Laufen, sie beschafft medizinische Ausrüstung für die Mitgliedsstaaten und wir im EU Parlament haben diese Woche ein 37 Mrd. Euro Hilfspaket beschlossen. Dennoch: Wir müssen das auch besser und einheitlicher kommunizieren. Denn gerade in diesen Corona-Zeiten haben europafeindliche Kräfte ein besonderes Interesse, das Vertrauen der Menschen in die EU durch Fake News zu schwächen. Dem müssen wir mit konkreten Hilfsmaßnahmen für die Menschen auf der einen, aber auch mit guter Kommunikation auf der anderen Seite entgegentreten.  

Nationale Grenzen wurden geschlossen, es herrscht eine Stimmung des „Our country first“. Wie lässt sich das nach Ende der Krise wieder zurückdrehen?

Ich hoffe inständig, dass die Schließung der Binnengrenzen im Schengenraum nur von kurzer Dauer ist. Ich wohne im Vier-Länder-Eck bei Trier, viele Menschen hier überqueren in normalen Zeiten mehrmals täglich die Grenzen, das ist anders gar nicht vorstellbar. Die Krise darf kein Anlass für dauerhafte Schlagbäume sein. Vielmehr dürfen die Grenzschließungen nur so lange andauern, wie es wissenschaftlich für sinnvoll erachtet wird. Sollte der Nutzen für die Eindämmung der Pandemie wegfallen, müssen die Grenzen wieder geöffnet werden.

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

0 Kommentare
Noch keine Kommentare