Internationale Konferenz: SPD will „in stürmischen Zeiten den Wandel gestalten“
Dirk Bleicker
Luiz Inácio Lula da Silva, der ehemalige Präsident Brasiliens von der brasilianischen Arbeitspartei PT, dankte der SPD für ihre jahrelange Unterstützung der brasilianischen Demokratie und der Gewerkschaftsbewegung. Er erinnerte an seinen „Compagnero Helmut Schmidt“, der bei seinem Kanzlerbesuch in Brasilien 1979 darauf bestanden habe, den damaligen Gewerkschafter da Silva zu treffen. Die Militärmachthaber hätten dies damals akzeptieren müssen. Das sei „ein wichtige Geste“ gewesen, eine Solidarität die ihm und der Demokratie damals sehr geholfen habe. „Ich bin bis heute sehr dankbar für diese Geste und für das, was die SPD für die Sozialdemokratie in der Welt getan hat“, so da Silva.
da Silva: Politiker müssen die Probleme lösen
Der Ex-Präsident rief die internationale Sozialdemokratie zu mehr Mut und Führungsbereitschaft auf. „Politiker müssen die Probleme lösen“, forderte er, nicht Volkswirtschafter oder Bürokraten. Man brauche eine neue Utopie, einen neuen Traum, um diesen dem Neoliberalismus entgegen zu stellen. Nötig sei ein Zeichen der Hoffnung, gerade auch für junge Menschen.
Brasiliens Ex-Präsident bekannte sich leidenschaftlich zum europäischen Einigungsprozess. „Die EU ist ein Erbe der Menschheit“, sagte er, ein großes Vorbild auch für Lateinamerika. Sie gehöre „nicht in ein Museum“, sie sei vielmehr „unaufgebbar“.
Das dürfte Martin Schulz gerne gehört haben. Er mahnte mehr internationale Lösungen für die Krisen der Gegenwart an. Das aktuelle Flüchtlingsproblem sei ein globales Phänomen, das nicht national zu lösen sei. „Wir brauchen nicht weniger, sondern mehr europäische Lösungen“, forderte der EU-Parlamentspräsident.
Martin Schulz: Die Welt scheint aus den Fugen
Er machte in seiner Rede „die zutiefst aufwühlende Entwicklung“ der internationalen Politik deutlich. 70 Jahre nach Gründung der Vereinten Nationen und 40 Jahre nach der Unterzeichnung der KSZE-Schlussakte scheine die Welt heute in vielen Teilen aus den Fugen geraten. Die Friedensdividende nach dem Ende des Kalten Krieges drohe verloren zu gehen.
Schulz richtete „ein Wort der Solidarität“ an die Flüchtlinge in Deutschland: „Wir stehen an der Seite derer, dir vor Terror und Krieg fliehen.“ In scharfen Worten verurteilte der EU-Parlamentspräsident diejenigen, die „Flüchtlinge, die vor dem IS-Terror fliehen, als potentielle Terroristen“ behandelten. „Was für eine Schändlichkeit, aus den Opfern Täter zu machen!“
Steinmeier für illusionslose Lösungssuche
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier stellte die Friedenspolitik in den Mittelpunkt seiner Ausführungen. Er erinnerte in seiner Rede an das Wort Willy Brandts: „Außenpolitik ist der illusionslose Versuch zur friedlichen Lösung von Problemen.“ Gerade aus dem Irak zurückgekommen ergänzte Steinmeier: „Illusionen macht sich heute niemand mehr.“
Der Minister nannte in dem Zusammenhang die Kriege in der Ukraine und in Syrien. Wichtig sei, dass die „Parteien alle miteinander am Tisch bleiben, damit sich die Spannungen am Verhandlungstisch entladen und nicht in militärischen Fantasien oder gar Kurzschlusshandlungen“. Die Sozialdemokratie dürfe „trotz alledem nicht nachlassen, im Bemühen um politische Lösungen für Frieden“. Das sei das Vermächtnis von Willy Brandt und Egon Bahr. Man dürfe „nicht wegschauen“, man müsse „hinschauen und sich engagieren“.
Für keine der aktuellen, sehr komplexen Krisen sah Steinmeier einfache Lösungen. Deshalb werde es auch keine schnellen Lösungen geben. „Für die nächsten Jahre wird der Krisenzustand der Normalzustand sein“, so der Außenminister.
Stanischev: SPD hat stets Solidarität bewiesen
Wie zuvor schon Brasiliens Ex-Präsident da Silva betonte auch der Präsident der Sozialdemokratischen Partei Europas (SPE), der frühere bulgarische Ministerpräsident Sergei Stanischev, die Bedeutung der SPD für die internationale sozialdemokratische Parteienfamilie. Die SPD habe stets Solidarität bewiesen. Und diese Solidarität brauche man auch in den aktuellen Krisen.
Stanischev wies auf die großen Ängste der Menschen hinsichtlich ihrer wirtschaftlichen und sozialen Perspektiven oder in Bezug auf Migration und Terrorismus hin. Viele seien enttäuscht von Europa und wendeten sich den Nationalisten zu. Deren Botschaften der Angst müsse die Sozialdemokratie neue Hoffnung entgegensetzen.
Es gebe auch in der oft kritisierten europäischen Politik aktuelle Erfolgsbeispiele, wie etwa die Einigung des Iran über sein Atomprogramm. Das zeige, wie stark und erfolgreich Europa sei, wenn es gemeinsam und solidarisch handele.