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Hendricks zum Klimawandel: Zwei-Grad-Grenze ist zu halten

In dieser Woche treffen sich in Bonn die zuständigen Ministerien, um letzte Vorbereitungen für den UN-Weltklimagipfel in Paris zu treffen. Im Interview erklärt Umweltministerin Barbara Hendricks, was passieren muss, damit der Gipfel zu einem Erfolg wird.
von Kai Doering · 19. Oktober 2015
Klimakonferenz
Klimakonferenz

Ab dem 30. November soll bei der Weltklimakonferenz in Paris ein ­Abkommen mit verbindlichen Klima­zielen für 194 Länder vereinbart ­werden. Mit welchen Gefühlen fahren Sie in die französische Hauptstadt?

Ich fahre mit viel Zuversicht nach Paris. Wir haben erfolgreich die UN-Nachhaltigkeitsziele verhandelt, da haben alle Staaten an einem Strang gezogen. Und wir haben bei den Regierungskonsultationen mit Brasilien und vor wenigen Tagen mit Indien gemeinsame Klimaschutzerklärungen beschlossen. Fast 150 Staaten haben schon ihre INDCs, also ihre Minderungsziele, vorgelegt. China und die USA haben sich bewegt. Daher glaube ich, dass wir in Paris zu ­einem erfolgreichen Abschluss kommen werden.

Ziel des neuen Abkommens ist, die weltweite Klimaerwärmung bis zum Ende des Jahrhunderts auf maximal zwei Grad zu begrenzen. Ist diese Zahl noch realistisch?

Für die Zwei-Grad-Obergrenze ist es nicht zu spät. Die Szenarien zeigen, dass eine Reduktion der globalen Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2050 von 40 bis 70 Prozent gegenüber dem Jahr 2010 notwendig ist. Wir brauchen also eine Dekarbonisierung der globalen Wirtschaft im Laufe dieses Jahrhunderts. Im Rahmen der G7 haben wir uns dieses Ziel bereits gesetzt. Nun gilt es, dieses Langfristziel im Abkommen von Paris zu verankern

Sie fordern eine „Dekarbonisierung“ der Wirtschaft. Gleichzeitig ­erleben wir einen Boom der Kohle bei der Stromerzeugung. Wie passt das ­zusammen?

Einen Boom der Kohle sehe ich nicht. International ist es eher umgekehrt: In den USA ist der Kohleverbrauch seit 2014 in einer Größenordnung von sechs bis sieben Prozent jährlich gesunken. Auch in China ging zuletzt die Nachfrage nach Kohle zurück. In Deutschland haben wir eine Sondersituation, weil zurzeit Braunkohlekraftwerke die weniger CO2-intensiven Gaskraftwerke und die modernen Steinkohlekraftwerke verdrängen. Deshalb müssen wir den Emissionshandel weiter stärken. Und wir müssen den Ausstieg aus der Braunkohleverstromung sozialverträglich gestalten. Damit fangen wir jetzt an. Im Rahmen unseres ­Aktionsprogramms Klimaschutz wird die Bundesregierung 2,7 Gigawatt Braunkohle­kapazität zur Stilllegung in eine Reserve überführen.

Wird Deutschland sein Ziel, die ­CO2-Emissionen bis 2020 um 40 ­Prozent zu senken, erreichen?

Ja, wir sind auf einem guten Weg. Mit dem Aktionsprogramm Klimaschutz 2020 haben wir die notwendigen Maßnahmen beschlossen, um das 40-Prozent-Ziel bis 2020 auch tatsächlich zu erreichen. Jetzt geht es um die Umsetzung.

Am stärksten sind Entwicklungs­länder von den Folgen des Klima­wandels betroffen. Welche Zusagen muss es für sie in Paris geben?

In der Tat sind gerade die am wenigsten entwickelten Länder und kleinen Inselstaaten besonders verwundbar. Diesen Ländern wollen wir helfen, ihre Widerstandsfähigkeit gegen die Folgen des ­Klimawandels zu verbessern. Wir als Industriestaaten sollten auch unsere ­Zusage einhalten, ab 2020 jährlich 100 Milliarden US-Dollar für Klimaschutz und Anpassung in Entwicklungsländern zu mobilisieren. Deswegen wird Deutschland bis 2020 auch seine internationale Klimafinanzierung verdoppeln.

Die Generalsekretärin der UN-Klimarahmenkonvention, Christiana Figueres, hat gesagt, Paris sei die letzte Chance, die Erderwärmung noch zu stoppen. Wird die Staatengemeinschaft sie nutzen?

Das Schwierige ist hier, dass die ganze Welt betroffen ist und gemeinsam handeln muss. Aber der politische Wille ist da. Wir sind die erste Generation, die die dramatischen Folgen des Klimawandels spürbar erlebt. Und gleichzeitig sind wir die letzte Generation, die einen gefährlichen Klimawandel noch abwenden kann. Wir wollen Paris zum Erfolg führen und ich bin optimistisch, dass uns das gelingt.

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Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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